AGENS Statement zur „geschlechtergerechten“ Sprache

Update vom 3.4.2016.
Inzwischen ist AGENS eine Kooperation mit dem Verein deutscher Sprache (www.vds-ev.de) eingangen. Gemeinsam werden wir bundesweit eine Kampagne vorbereiten.

Sprache  ist ein Abbild der Wirklichkeit.

Die „geschlechtergerechte“ Sprache bildet  nicht ab,  sie spaltet die Geschlechter. Sie gestaltet Sprache – quasi ex cathedra – mit Verordnungen, die geschlechterpolitische Ziele einer derzeitigen Staatsideologie  mit dem Anspruch der „Politischen Korrektheit“ vermitteln. Insofern sind diese, in den letzten 10 Jahren vorwiegend an Hochschulen entstandenen Verordnungen, bzw.  Sprach-Leitfäden,  Teil und Instrument eines Programms, das destruktiv  u. A. auf das „Überwinden des Männlichen“[2] abzielt. Die geschlechtergerechte Sprache wurde  – ohne öffentliche Debatte –erstmals 2002 staatlich „verordnet“[3].

Hintergrund der geschlechtergerechten Sprache  ist  die „Staatsideologie“(Michael Bock)  Radikalfeminismus,  die auf einer  Gleichheitsideologie, der sogenannten „Gendertheorie“ aufbaut. Das Binnen-I, die Doppelnennung des Weiblichen mit  „Bürger und Bürgerinnen“, der Unterstrich usw. scheinen  Zwischenstationen zu sein auf dem  Weg zum Ersatz des gewohnten generischen Maskulinums durch das generische Femininum. Diese linguistische Variante wird als „Vereinfachung“ verkauft, die alle Zwischenlösungen wie ein „deus ex machina“ überflüssig machen sollte. Die „Gendersprache“ bildet auf diese Weise eine gewollte, eine ideologische Wirklichkeit ab und wird somit zu einem Instrument zur Umsetzung einer Ideologie mit totalitärem Anspruch.

Sprache ist ein Kulturgut.

Sprache ist  Teil eines gesellschaftlich-kulturellen  Prozesses.  Bekanntes Beispiel der Gegenwart dafür ist : das Entstehen der „Kiez“-Sprache in Berlin. Sie entstand im Schmelztiegel Kreuzberg/Neukölln in den letzten Jahrzehnten unter dem Einfluss junger türkischer Einwanderer. Im Gegensatz dazu wird die geschlechtergerechte Sprache durch kleine Gruppen, meist vertreten  durch die jeweiligen Gleichstellungsbeauftragten, in „Leitfäden“ quasi verordnet, bzw. festgesetzt.  Finden im normalen Sprachgebrauch derartige Setzungen statt, betreffen sie zumeist orthografische und grammatikalische Regelungen, und die folgen überwiegend den in der Sprachgemeinschaft bereits stattgefundenen Prozessen. Diese Regelungen werden  öffentlich durch dazu gesellschaftlich anerkannte Institutionen, wie die Kultusministerkonferenz, die Duden Redaktion etc. bekannt gegeben.

Das  letzte Jahrzehnt  Sprachwirklichkeit zeigt aber Ansätze von (freiwillig  übernommenen ?) Usancen im politischen und medialen Sprachgebrauch die sämtlicher Sprachlogik und Ästhetik widersprechen. Man fragt sich beim Lesen des folgenden Textes (NZZ vom 8.7.13), ob der Autor noch alle fünf Sinne beisammen hatte:

Grundsätzlich untersteht jeder Arzt / jede Ärztin der Schweigepflicht. Es gibt jedoch Ausnahmen. Wenn der Patient /die Patientin die Ärztin /den Arzt von der Schweigepflicht entbindet, darf diese/r Auskunft erteilen. (…) Der/die behandelnde Arzt /Ärztin ist verpflichtet, den Kantonsarzt / die Kantonsärztin über Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Aids zu informieren.

Eins ist sicher: Sie haben nach Lesen des Textes verstanden, dass die Schweigepflicht nicht nur für Männer, sondern auch für und Frauen gilt . Das übliche generische Maskulinum hätte für diese Aussage die Hälfte des Textes gebraucht. Eins von vielen, vielen Beispielen,  bei denen die Gender – „Sprache“ ihre ideologische Aussage höher hängt als die Lesbarkeit oder Verständlichkeit – ganz zu schweigen von der Sprachästhetik. Und? Mittlerweile haben wir das Gefühl für das Normale verloren (Robert Spaemann). …..Die bisherigen Medienreaktionen behandeln deswegen das Thema auch distanziert-passiv und wenn, dann eher mit geistvoll-satirischen Feuilletontexten. Die eigentlichen, ideologisch-politischen Hintergründe, (Stichwort: Gendersprache als Teil eines politischen Programms) werden kaum thematisiert. Das verwundert.

Wo bleibt die Empörung durch die schreibende Zunft, vor allem in den Redaktionsstuben?

Sind das  Auswirkungen einer zunehmenden „Political Correctness“? Das wäre eine Erklärung. So antwortete der Vizesprecher des Leipziger Senats,  befragt, warum er der „Professorin“ – Regel zugestimmt hatte: „aus Angst vor den Feministinnen“.  Wenn dem so ist, steht einer bundesweiten Verbreitung der sogenannten gendergerechten Sprache (unterstützt durch das Netz ideologisch geprägter Gleichstellungsbeauftragt-Innen) kaum etwas entgegen…….. George Orwell lässt grüßen…

Sprache als Instrument

Sprache kann niemals zum Objekt für einen Veränderungsprozess werden. Die sprachtaktische Instrumentalisierung des generischen Femininums ist bis dato ein Elitenprodukt kleiner, akademischer Gruppen an Hochschulen und anderen Institutionen. Die bisherige Genese der „Gendersprache“  lässt allerdings eine kontinuierliche Entwicklung des Modellfalls „Leipzig“ in eine bundesweite Regelung bis hin zu weiteren, übergreifenden Verordnungen befürchten.  So ist die Uni Potsdam  einige Wochen später gefolgt, die FU Berlin befindet sich bereits in einer „Nachdenkphase“.

Das Muster für die angeblich „geschlechtergerechte Sprache“ und der Einsatz der Sprache als ideologisches Instrument dürfte bekannt sein. Abgesehen von den Beispielen totalitärer Systeme, sei hier der Anhang aus Orwells visionären Romans „1984“ („Kleine Grammatik der Neusprache“) erwähnt. Er zeigt, wie gezielte Eingriffe in die Sprache als Hebel zur Durchsetzung totalitärer Macht eingesetzt werden, beispielsweise zur Dekonstruktion des Freiheitsbegriffes, mit dem Ziel einer Auslöschung der Sehnsucht nach politischer Freiheit. Der Truffaut-Film „Fahrenheit 451“ behandelt ein ähnliches Thema.

Alle totalitären Systeme instrumentalisieren Sprache. Die gender-„gerechte“ Sprache favorisiert die guten Menschen, hier: die Frauen und die Männer schweigen…..

Wir empören uns:

  1. Die Initiative der Universität Leipzig ist darauf angelegt, unsere Sprache nach geschlechterpolitischen Kriterien umzugestalten. Dieser Eingriff trägt  nicht zur Gleichstellung bei, sondern schafft – gewollt – eine Ungleichheit: Eine einzig „erlaubte“ rein weibliche Bezeichnung wie „Professorin“ oder „Studentin“ (generisches Feminum) marginalisiert die männliche Personengruppe, genauso wie das gewohnte, generische Maskulinum vermeintlich die Frauen diskriminiert.
    Wir wenden uns gegen diese Art von Doppelmoral, die eine vermeintliche Diskriminierung durch eine neue ersetzt.
  2. Das generische Femininum bringt Männer  in eine „schwächere Minderheitensituation“, so eine Vertreterin aus der männerfeindlichen Gleichstellungsszene. Die Uni Leipzig (und nachfolgend die Uni Potsdam):  eine Wegbereiterin  für die Entmachtung des Männlichen?
    Wir wenden uns gegen die Tendenzen der „Entmännlichung“ der Gesellschaft über eine zum Werkzeug degradierte Sprache.
  3. Eine kleine Gruppe von Gleichstellungsbeauftragten nutzt ihre kaum hinterfragte Stellung in den jeweiligen Hierarchien zur Förderung der „gendergerechten“ Sprache bundesweit in den Universitäten, in der öffentlichen Verwaltung und in den Kirchen.
    Wir wenden uns gegen jede Form von Zwang gegenüber der deutschen Sprache und ihren Benutzern, sowie einer niemals breit legitimierte und daher undemokratischen Durchsetzung von Sprachregeln.

 AGENS agiert:  AGENS wird mit verschiedenen Verbänden eine Kampagne starten, die auf die Hintergründe des „Gendersprechs“ hinweist, um eine weitere Entwicklung ideologisch motivierter Sprachveränderungen ein STOP entgegen zu setzen. Einen Anfang haben wir (in Kooperation mit MANNdat) bereits mit einem Protestschreiben an das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur in Potsdam gemacht.

Weitere Beiträge zu obigem Thema auf der AGENS Webseite finden Sie chronologisch  hier: https://agensev.de/category/sprachverirrung/

2 Gedanken zu „AGENS Statement zur „geschlechtergerechten“ Sprache“

  1. @Hfftl
    Dank Dir für Deinen sehr hilfreichen Kommentar. Also nicht nur generisches, sondern auch biologisches Femininum, das ist ja noch eine zusätzliche hidden Agenda! Und auch die Überlegung, was eine „gefühlte“ Diskriminierung alles anrichten kann ist gruselig. Hier sind wirklich Sprachzerstörerinnen am Werk – ohne dass es die Öffentlichkeit wahrnimmt.

  2. Mir erscheint es nach wie vor fragwürdig, „die Professorin“ überhaupt als generiscjhes Femininum anzusehen.

    „Die Person“, „die Geisel“, „die Koriphäe“, „die Giraffe“ – all das ist generisches Femininum und schließt alle biologisch weiblichen und männlichen Exemplare ein. „Der Professor“ als Bezeichnung eines Berufsstandes, der Personen sämtlicher Geschlechter umfasst (es soll ja neuerdings unendlich viele geben), ist generisches Maskulinum. „Die Professorin“ ist davon nur abgeleitet, mit der einschränkenden Bedeutung einer definitiv weiblichen Person, die diesem Berufsstand angehört.

    Insofern sehe ich in diesem Wort ein biologisches Femininum (genau das soll ja damit zum Ausdruck gebracht werden, das ist der Zweck dieser Wortbildung) und kein generisches. DESHALB ist die Bezeichnung „die Professorin“ für einen Mann diskriminierend, umgekehrt ist es „der Professor“ für eine Frau nicht, sofern damit nicht die Person, sondern der Berufsstand bezeichnet wird.

    Aber leider setzt sich heute zunehmend die Maxime durch, dass jemand faktisch als diskriminiert GILT, sobald er sich („irgendwie“) diskriminiert FÜHLT – was natürlich jeder Willkür Tür und Tor öffnet.
    Einzige Ausnahme: Weiße heterosexuelle Männer (und Jungen) – die gelten als undiskriminierbar.

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