Alle Jahre wieder….! Frauen sind genauso gewalttätig wie Männer

Autor: Prof.Dr. Gerhard Amendt

Alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christuskind, sondern in seinem Gefolge auch die Geschichte von den Frauen, denen in Ehe und Familie Gewalt angetan wird. Das Christuskind muss dazu herhalten eine Weltsicht zu verbreiten, wonach Männer Gewalttäter seien und Frauen deren Opfer. Gewalt in Ehen und Familien ist eine Realität, aber die Zahlen, deren sich Familienpolitik und Presse bedienen, die stimmen nun einmal nicht. Und zwar deshalb nicht, weil sie dem politischen Zweck dienen, die vorwiegend linke Weltsicht zu verbreiten, dass Männer schlecht und Frauen gut seien.

Das verkauft sich besser als faktenbasierte Informationen, die nicht so recht aufregen, allenfalls zum Nachdenken über Konfliktauslöser anregen. Sinn von Familienpolitik ist es, ein feindselig polarisiertes Bild am Leben zu erhalten. Damit wird darauf verzichtet, Konflikte zu lösen und Gewalt in intimen Beziehungen zu mindern.

Wer Gewalt hingegen verhindern will, der wird nicht erst tätig, wenn Gewalt stattgefunden hat. Er wird das im Vorfeld versuchen. Das sollte die Aufgabe eines Familienministeriums sein: Vorbeugen und nicht nur heilen. Zumindest sollte diese Reihenfolge eingehalten werden.

Wer sich hingegen an der Kriminalstatistik berauscht, der hat den Anspruch zu verhüten, bereits weitgehend fallen lassen. Den die Statistik erfasst nur, was aktenkundig im weitesten Sinne wurde. Weil Männer es gewohnt sind, Gewalt zu ertragen oder in Kriegen Gewalt ausüben zu müssen, messen sie gewalttätigen Handlungen ihrer Partnerinnen eher keine allzu große Bedeutung bei. Zum Gang zur Polizei sind recht wenige deshalb motiviert. Deshalb sehen wir im Fernsehen gar nicht selten ganz selbstverständlich schlagende Frauen, aber so gut wie nie schlagende Männer. Das hat viel mit den herrschenden Rollenbildern für Männer und Frauen zu tun. Auch wenn sich da einiges in kleinen Schritten ändert, so hat an der grundsätzlichen „duldsamen Nachsicht“ der Männer gegenüber schlagenden Frauen sich nichts geändert.
Mit der Kriminalstatistik lässt sich Politik machen und Erregung verbreiten, aber nicht sinnvoll helfen. Zur Skandalisierung taugt sie, zumal andere Zahlen vorsätzlich damit überlagert werden. Welche Zahlen sind das aber? Es sind Zahlen, die durch Befragungen erhoben werden. Männer werden befragt, ob sie im vergangenen Jahr ihre Partnerin geschlagen haben. Die gleichen Fragen werden Frauen gestellt: Haben sie im letzten Jahr ihren Partner geschlagen? Und sie werden aufgefordert zu sagen, ob ihre Handlungen leichte, schwere oder massive Gewalt waren. Jeder berichtet über sich und nicht darüber, was der andere ihm vermeintlicher Weise angetan hat. Das schließt aus, dass die Antworten als Rechtfertigung für Schuldgefühle oder als Vergeltung eingesetzt werden. Die Frage Haben sie ihren Partner geschlagen? kommt der Wahrheit viel näher als die Kriminalstatistik und sollte deshalb die Grundlage für politische Entscheidungen sein. Sie bildet ab, wie häufig Männer ihre Frauen und Frauen ihre Männer schlagen. Sie beschreiben das Ausmaß, der Gewalt, das in einer Gesellschaft in intimen Beziehungen herrscht. Seien es junge Männer und Frauen, solche im mittleren Lebensalter oder jenseits der 50. Die Häufigkeit des Schlagens ist nach mehr als 200 Studien gleich verteilt.
Warum orientiert sich die Politik nicht an den Zahlen, die das Ausmaß der Gewalt wiedergeben und Frauen wie Männer als gleichermaßen Beteiligte beschreiben? Zumal diese Zahlen seit vielen Jahren vorliegen, methodisch vielfach überprüft und als realitätsgerecht anerkannt sind?
Die Antwort ist trivial. Sie passen vor allem nicht in die Strategie der linken Partei, wonach alle Frauen zuerst einmal Opfer von Männern seien. Nicht nur für Gewalt soll das zutreffen, sondern die gesamte soziale Lage von Frauen. Frauen seien deshalb alle Opfer. Wie die gescheiterte Hillary Clinton und die Demokratische Partei setzen auch bei uns die Linken darauf, dass Frauen als Frauen wählen gehen, weil letztlich das Biologische sie vereine. Die Schauspielerin Susan Sarandon hat dem erbost entgegengehalten, dass sie mit dem Kopf und nicht mir der Vagina sich für eine Partei entscheiden würde. Welche komplizierte Wirklichkeit fürchten nun die Linken, wenn sie Frauen helfen wollen, aber der Gesellschaft bei der Eindämmung von Gewalt sich entgegenstellen. Und deshalb vor falschen Statistiken nicht zurückschrecken. Sie fürchten Aussagen der Forschung, die das Bild von Frauen als Opfern zerstören. Hillary Clinton hat bereits die Erfahrung gemacht, dass Frauen ihre Interessen bei der Stimmabgabe im Blick haben und nicht ihre Vagina. Diese Ernüchterung stehe den Linken bei uns noch ins Haus.
Mit Auszügen aus dem Handbuch „Familiäre Gewalt im Fokus“, herausgegeben von Tonia Nicholls und John Hamel im IKARU Verlag, soll die Frage nach der Wirklichkeit von Gewalt in Beziehungen und die Tragfähigkeit der These von den Frauen als Opfern in ihrer Kompliziertheit skizziert werden. Durchaus in der hoffnungsvollen Annahme, dass auch das Familienministerium sich solider Forschungsergebnisse irgendwann doch noch bedient und dass die Presse ihrem Auftrag zur kritischen Berichterstattung in dieser Frage gerecht wird.
John Hamel: Häusliche Gewalt: Ein geschlechtsspezifischer Ansatz, in: John Hamel/Tonia Nicholls: Handbuch – Familiäre Gewalt im Focus. Fakten – Behandlung – Prävention, Ikaru Verlag, Frankfurt, 740 Seiten

URSACHEN DES PARTNERMISSBRAUCHS SIND UNTERSCHIEDLICH, UNTERSCHEIDEN SICH JEDOCH NICHT NACH GESCHLECHTERN

In Anbetracht der Tatsache, dass wir in einer patriarchalen Gesellschaft leben, sind patriarchale Erklärungen mit Sicherheit nicht irrelevant, aber auch nicht ausreichend und führen oft zu oberflächlichen Beurteilungen und unpassender Behandlung, wodurch sich die Wahrscheinlichkeit eines Behandlungserfolgs eher verringert als erhöht. Die große Zahl von egalitären Beziehungen in unserer Gesellschaft und die Korrelation von Gewalt und Beziehungsdominanz sowohl bei Frauen als auch bei Männern (Coleman & Straus, 1990; Medeiros & Straus in diesem Band); die Tatsache, dass die meisten Männer weder zu körperlichem Missbrauch neigen noch anfällig für Macht- und Kontrolltaktiken sind (Cook, 1997; Dutton, 1994); das hohe Maß an Missbrauch von Frauen durch Frauen in lesbischen Beziehungen (McClellen, Summers & Daley 2002; Renzetti, 1992; West, 1998) und Forschungsergebnisse, die darauf hindeuten, dass gewalttätige Männer tatsächlich weniger traditionell männliche Charakteristiken aufweisen als ihre nicht gewalttätigen Pendants (Felson, 2002; Neidig, Friedman & Collins, 1986; Sugarman & Frankel, 1996) – all das entlarvt vereinfachende Erklärungen, die sich entlang von kulturellen und Geschlechtergrenzen bewegen, als unbrauchbar.
Es ist keineswegs so, dass Männer Frauen „von Natur aus“ dominieren; ökonomische Knappheit und andere, ökologische Faktoren bestimmen, ob sie Machtpositionen einnehmen und ob es wahrscheinlich ist, dass sie diese Macht missbrauchen. Anthropologisches Datenmaterial aus der ganzen Welt (Sanday, 1981) legt die Anzahl der streng männlich dominierten Gesellschaften auf rund ein Drittel der Gesamtzahl fest, wobei egalitäre Gesellschaften ein weiteres Drittel ausmachen und sich der Rest aus jenen Gesellschaften zusammensetzt, in denen Männer eher „mythische“ als absolute Herrschaft über Frauen ausüben. Mit anderen Worten: Die größere strukturelle Macht, die Männer in patriarchalen Gesellschaften genießen, schlägt sich nicht notwendigerweise in dyadischen Beziehungen nieder (Glick & Fiske, 1999). Eine ausführliche Zusammenfassung der Literatur durch Hotaling und Sugarman (1986) konnte keine Unterschiede in der Ungleichheit der Geschlechterrollen zwischen gewalttätigen und nicht gewalttätigen Paaren feststellen. Felson (2002) schreibt:
„Insgesamt habe ich nahegelegt, dass die relative Macht von Ehemännern und Ehefrauen von ihrer persönlichen Situation abhängt und dass diese Macht eine Besonderheit von Beziehungen ist. Die Tatsache, dass der US-Senat von Männern geführt wird, ist weitgehend irrelevant für die privaten Konflikte von Einzelpersonen. Selbst ein mächtiger Senator hat nicht notwendigerweise Macht über seine Ehefrau. Wenn er verliebt in sie ist, dann hat sie Macht über ihn. Allgemein gesprochen ist es unwahrscheinlich, dass die ökonomische Macht des durchschnittlichen Mannes und der durchschnittlichen Frau in der Gesellschaft sowie die Tatsache, dass unsere politischen Oberhäupter männlich sind, entscheidende Faktoren in gewalttätigen Ehekonflikten sind. Aus dieser Perspektive hat dyadische Macht einen viel größeren Einfluss auf das Verhalten von Eheleuten zueinander als strukturelle Macht. Es wäre keine allzu große Übertreibung zu sagen: „Jeder Konflikt ist lokal.“ (S. 61)

Sicherlich bestehen in unserer Gesellschaft nach wie vor kulturelle Normen, die das öffentliche Zurschaustellen von Aggression durch Männer gutheißen und jenes durch Frauen ächten (Eagly & Steffen, 1986); und das weit größere Ausmaß an körperlicher Aggression sowie das geringfügig größere Ausmaß an verbaler Aggression bei Männern sind kulturübergreifend weithin belegt (Archer, 2004). Dies kann allerdings nicht dadurch erklärt werden, dass Frauen weniger wütend oder weniger feindselig als Männer wären – in dieser Hinsicht sind Geschlechterunterschiede tatsächlich unerheblich oder nicht vorhanden (Archer, 2004; Averill, 1983). Frauen aller Altersgruppen verhalten sich indirekt aggressiv gegenüber Gleichgesinnten, Kollegen und anderen (Bjorkqvist, 1994; Frieze, 2005), und jugendliche Mädchen bedienen sich indirekter Formen der Aggression in deutlich größerem Ausmaß als Jungen (Archer, 2004). Überdies wenden Frauen, sofern sich die Gelegenheit bietet, direkte Aggression dann an, wenn sie sie als berechtigt empfinden oder sie anonym einsetzen können (Frodi, Macaulay & Thome, 1977; Richardson,2005).

Wenn also das Patriarchat als Erklärung für Gewalt in der Partnerschaft nicht ausreicht, was ist dann ihre Ätiologie?

Zu den Risikofaktoren der von Frauen verübten Gewalt gehören der Stress bei niedrigem Einkommen und Arbeitslosigkeit (Magdol, Moffitt, Caspi, Fagan & Silva, 1997), das Leben in einer Kurzzeitbeziehung oder in einer Wohngemeinschaft, ein Alter von unter 30 Jahren (Morse, 1995; Sommer, 1994; Straus et al., 1980), Missbrauchserfahrungen in der Kindheit (Babcock et al., 2003; Conradi, 2004) sowie eine Gewalt befürwortende Einstellung (Follingstad et al., 1991; Simmons, Lehmann & Cobb, 2004). Auch einige Persönlichkeitsmerkmale wurden benannt, unter anderem Abhängigkeit und Eifersucht, die sowohl bei heterosexuellen als auch bei lesbischen Tätern häufig sind (Coleman, 1994; Shupe, Stacey & Hazlewood, 1987); sowie jene, die entweder in Kategorien der Persönlichkeitsstörungen wie Borderline-Syndrom, antisoziales oder narzisstisches Verhalten einzuordnen sind (Henning, Jones & Holdford, 2003; Johnston & Campbell, 1993; Kalichman, 1988; Simmons, et al., 2004), oder aber der Charakterisierung als allgemein aggressive Persönlichkeit entsprechen (Ehrensaft, Moffitt & Caspi, 2004; Felson, 2002; Follingstad, Bradley, Helff & Laughlin, 2002; O’Leary, 1988; Sommer, 1994). Dieselben Faktoren wurden in der Ätiologie der von Männern verübten Gewalt nachgewiesen (Dutton, 1998; Hamberger & Hastings, 1986; Holtzworth-Munroe & Stuart, 1994). Natürlich spielen auch Alkohol- und Drogenmissbrauch eine Rolle in Gewalt geprägten Beziehungen, sowohl bei Tätern als auch bei Opfern (Anderson, 2002; Leonard & Roberts, 1998; Magdol et al., 1997; Straus et al., 1980)

UNTERSCHEIDUNGEN IN TÄTER UND OPFER SIND ÜBERTRIEBEN UND MISSBRAUCH UNTER PARTNERN GESCHIEHT HÄUFIG BEIDERSEITIG

Die Faktoren, die den Missbrauch unter Partnern verursachen und fortsetzen, sind nicht nur in den jeweiligen Individuen zu suchen, sondern im Konflikt selbst – in der Dynamik, die in jenen Beziehungen zu finden ist, die zum Beispiel von schlechter Kommunikation, von schlechter Problemlösungskompetenz und von situationsbedingten Stressfaktoren bestimmt sind (Babcock, Waltz, Jacobsen & Gottman, 1993; Burman, John & Margolin, 1992; Cordova, Jacobsen, Gottman, Rushe & Cox, 1993; Moffitt, Robins & Caspi, 2001; Ridley & Feldman, 2003; Telch & Lindquist, 1984). Forschungsergebnisse weisen auch darauf hin, dass das Zusammentreffen von Individuen mit spezifischen Bindungsstilen, wie etwa von jemandem, der Intimität fürchtet mit jemandem, der das Verlassen werden fürchtet, die Wahrscheinlichkeit von körperlichem Missbrauch erhöht (Bartholomew, Henderson & Dutton, 2001; Bookwala, 2002; Roberts & Noller, 1998).
Eine Dynamik impliziert – ungeachtet ihrer Dysfunktionalität – nicht automatisch, dass beide Seiten freiwillig zum Missbrauch beitragen. Berichte von misshandelten Frauen (z.B. Pagelow, 1984; Walker, 1979) und Männern (Cook, 1997; Migliaccio, 2002; Pearson, 1997) deuten an, dass in vielen Beziehungen ein Partner der eindeutige Missbrauchstäter ist und der andere der Geschädigte.

Eine Analyse der National Family Violence Surveys, die die Berichte der Frauen auswertete (Straus, 1993), machte deutlich, dass einseitige Gewalt in Partnerschaften mit einem Anteil von etwa 25 Prozent bei Männern und Frauen auftrat. Sie machte ebenso deutlich, dass in etwa der Hälfte der Haushalte beide Partner im vergangenen Jahr körperliche Übergriffe am jeweils anderen verübt hatten und dass die Gewalt in der Mehrzahl der Fälle von den Frauen ausgegangen war. Andere groß angelegte Umfragen, Längsschnittstudien und Forschungen zu Kurzzeitbeziehungen lassen ein hohes Niveau an gegenseitiger Gewalt erkennen, die bei manchen über 50 Prozent liegt und zu ungefähr gleichen Anteilen von beiden Geschlechtern ausgeht.

Die Forschung zu Gewalt in der Familie hat das Verhältnis zwischen Misshandlung des Ehepartners und körperlichem Missbrauch von Kindern gut dokumentiert. Eine Reihe von Parallelen wurden identifiziert, darunter einige Hochrisikofaktoren (Daro, Edleson & Pinderhughes, 2004; Merrill, Crouch, Thomsen & Guimond, 2004). Der Schwerpunkt lag dabei fast ausschließlich auf Misshandlung durch den Vater. Wenn herausgefunden wird, dass Mütter ihre Kinder misshandelt haben, wird dies in der Regel als Folge des Stresses und der Traumatisierung im Zuge der Viktimisierung durch ihren Partner erklärt (z.B. Wolak & Finkelhor, 1998). Untersuchungen deuten aber darauf hin, dass Frauen, die ihre Kinder schlagen, öfter Täter als Opfer von Missbrauch in der Partnerschaft sind (English et al., 2003), und dass von Vätern und Müttern, die in Missbrauch in der Partnerschaft involviert sind, ungeachtet ihrer Lage als Täter oder Opfer gleichermaßen die Gefahr ausgeht, ihr Kind zu schlagen (Appel & Holden, 1998; Margolin & Gordis, 2003; Straus & Smith, 1990). In der Analyse ihrer gut aufgestellten Studie zu Gewalt in der Familie folgern Mahoney et al. (2003): „Die Aggression von Mutter und Vater in den Subsystemen Ehe und Eltern-Kind-Beziehung ist nicht leicht zu entwirren; keiner der beiden Elternteile ist eindeutig als Haupttäter oder -opfer von Aggression im Familiensystem zu benennen“ (S. 16). Eine bedeutende neuere Studie an 453 Paaren mit Kleinkindern (Slep & O’Leary, 2005) weist nach, dass in 65 Prozent der Familien bidirektionale Aggression der Partner auftrat und dass es bei 51 Prozent der Paare sowohl zur Misshandlung des Partners als auch des Kindes kommt. Konstellationen nach dem Muster „prügelnder Vater“ machten nur zwei Prozent der Familien aus, in denen schwere Gewalt verübt wurde.
Heute existiert eine beachtliche und rasch wachsende Menge an Nachweisen, die auf ernsthafte Defizite in den Paradigmen hinweist, die momentan die Forschung, die Interventionen und die Gesetzgebung zu häuslicher Gewalt leiten. Der geschlechtsspezifische Ansatz strebt danach, diese Defizite zu beheben, dabei aber die ursprünglichen, feministischen Werte der Fairness und der sozialen Gerechtigkeit wie auch die nicht von einander zu trennenden Prioritäten der Opfersicherheit und der Täterverantwortung aufrechtzuerhalten, für die sich Opfervertreter seit Jahren einsetzen. Anstatt nur eine neuerliche Ideologie zu präsentieren, basiert der geschlechtsspezifische Ansatz im Kern auf empirischen Daten und ist allein aus diesen Daten abgeleiteten Interventionen verpflichtet. Vielleicht ist dieser Ansatz gar nicht so revolutionär; schließlich gab es mit Straus, Gelles und Steinmetz schon vor 30 Jahren Vorreiter in der wissenschaftlichen Erforschung häuslicher Gewalt, lange bevor die heutigen Wissenschaftler an die Universität kamen. Sie verstanden sehr gut, dass Missbrauch nicht allein eine Frage des Geschlechts ist und dass Gewalt zwischen Partnern außerhalb des Familienkontexts nicht ausreichend verstanden werden kann. Die Tatsache, dass erst jetzt damit begonnen wird, das von diesen Pionieren erschlossene Gelände zu erforschen, ist weniger dem Scheitern ihrer Vision geschuldet als der Furcht, der menschlichen Natur und der Kurzsichtigkeit der Politik. Durch die neue Generation an Forschern, die sich zur alten gesellt, haben wir gewissermaßen „den Kreis geschlossen“. Wir befinden uns wahrlich in guter Gesellschaft.