Die Religion der Gleichheit

Gastkommentar von Prof. Gerd Habermann

Nach dem Ende des Marxismus ist als dessen Residuum ein unbedingter Gleichheitsglaube übrig geblieben und hat überall im Westen einen überraschenden Siegeszug angetreten. Gleichheit wird hier nicht mehr als die liberale Gleichheit und Gleichbehandlung vor dem Gesetz verstanden, sondern als faktische Gleichheit in sozialökonomischer Hinsicht und vor allem in sozialer Geltung: „Ungleiches wird verneint, heruntergespielt oder ins Bedeutungslose verschoben. Für alles Ungleiche sind entweder Ungerechtigkeiten oder äußere Umstände ur-sächlich, die niemand zu verantworten hat.“

Als Diskriminierung wird hier nicht mehr nur die Ungleichbehandlung durch das Gesetz (im öffentlich-rechtlichen Bereich) verstanden, sondern jede gruppenbezogene Bewertung und Präferenz im Privatleben. Sie wird als „Rassismus“ gebrandmarkt und betrifft alle differenzierende Bewertung von Geschlecht, Alter, Glauben, Kultur, Völkern, sozialer Stellung, auch Schönheit oder Intelligenz. Es wurde durch die Medienklasse – „linke“ Intellektuelle in Presse und Funkmedien – mehr und mehr erfolgreich ein neuer sprachlicher Code aufgerichtet, der alle nichtegalitären Bewertungen brandmarkt und deren Träger sozial zu isolieren sucht.

Menschen, die Loyalität zu traditionellen Lebensformen oder zur eigenen Kultur oder Nationalität äußern, geraten in die Defensive … Die Formel heiße mit St. Just: Freiheit ist Gleichheit und diese ist mit Gerechtigkeit identisch. Und Gerechtigkeit wiederum mit einer unfassbaren Verteilungsgerechtigkeit, die Sarrazin ähnlich wie F.A. von Hayek aufs Korn nimmt. Der Autor Sarrazin sieht diese Gedanken in einer geistesgeschichtlichen Linie, die mit dem Wohlfahrtsausschuss der Französischen Revolution und seinem „Tugendterror“ beginnt und in den Totalitarismen des 20. Jahrhunderts (vorläufig) endet.

Verbunden ist mit dieser Bewegung auch eine Sprachkorrektur – die Elimination vermutet diskriminierender, bis dahin wertfrei gebrauchter Begriffe, der Ansatz zu einer Sprachreinigung selbst in der Literatur: das Programm eines Orwellschen „Neusprechs“. Am Ende steht das Ideal einer Weltgesellschaft der entindividualisierten Gleichen – die „inklusive Gesellschaft“, ohne Differenzen und damit ohne Wettbewerb, in einer spannungslosen Harmonie. ……….“
Quelle: http://www.familienunternehmer.eu/uploads/tx_wfmedienpr/Religion-der-Gleichheit.pdf