Kongress „Familienkonflikte“: Analyse der ‚Analyse‘ in der Frankfurter Rundschau

von Dr. Wulf Krause

Wulf Krause: Kleine analytische Anmerkungen zu Katja Thorwarths „analytischem Kommentar“ zu Kongress „Familienkonflikte“ in FR vom 16.4.18

http://www.fr.de/frankfurt/familienkonflikte-gewaltfrei-austragen-professor-amendt-und-die-frauenbewegung-a-1487560,2
Aus Gründen der Redlichkeit und Fairness: Bitte lesen Sie diesen Artikel bevor Sie sich an meine Worte machen!

Es ist doch sehr erstaunlich, wie fest die Männer-Frauen-Dominanz in den Köpfen der Autorin und nicht nur in ihrem Kopf ist. Unerschütterlich, wie einst die Scheidung der Welt und ihres öffentlichen Bewusstseins in “gut” (USA) und “böse” (SU) in den Fünfzigern  und auch noch den Sechzigern und danach. Erst jetzt scheint sich das Bild zu wandeln, und die USA beginnen sich als um Ressourcen kriegsführende Weltmacht zu zeigen – beschleunigt seit Bush sen. Wie Wahrheit selbst stand sie da, diese Dichotomie der Welt in gut und böse! So auch die feministisch-genderistische Dichotomie in Männer und Frauen und die „Männer-Frauen-Dominanz.“

Auf Wahrheit, gestützt auf ein Urteil, das jedermann sogleich, auf den ersten Blick, einleuchtet. Hinsehen, sich im Geist etwas vorstellen und in der Anschauung empirisch bestätigen. Klar, sieht man doch, so ist es! Dies ist ein Vergewaltiger! Prädikation durch Hinweis heißt das bei Logikern!

Dann erscheint diese Annahme wie eine Art Naturgesetz, wird a priori jeder weiteren (sinnlichen, empirischen) Anschauung und (wissenschaftlichen) Untersuchung, als Vor-Urteil,  als transzendentale[1], theoretische Annahme für jede weiteren Anschauung und “Forschung“ voraus gesetzt. Damit gewinnt diese „Wahrheit“ scheinbar empirisch gesicherte Allgemeingültig­keit: Alle Männer, “Männer”, sind immer schon, von Anfang an, seit 40.000  Jahren, Gewalttäter und die “Frau” ihr Opfer. Aber in Wirklichkeit handelt es sich hier forschungslogisch um einen Truismus. Das ist ein Selbstwiderspruch, in welchem das zu Erklärende schon im Erklärenden als Wahrheit vorausgesetzt ist. Das ist ein logischer Fehlschluss.

Ist die Behauptung der „Männer-Frauen-Dominanz“ selber schon fragwürdig (active female choice, intersexual male competition, Trivers 1972[2], Hamilton 1964[3], Zahavi 1975[4], Grammer 1993[5], Blaffer Hrdy 1999[6]), so wird die Dominanz eben gerade nicht als „Struktur“ begriffen. Struktur, das ist etwas, was sich im ständigen Wechsel der  Phänomene, also dem, was einer sieht und sehen kann, selbst erhält, d.h. sich immer wieder auf dieselbe Weise dem sinnlich wahrnehmenden Beobachter zeigt. Das Invariante zeigt sich hier als ein „Verhältnis“ und kann als binäre Relation zweier Relata, (xRy)[7] ausgesagt werden, aber nicht als (objektive) Eigenschaft des einen oder des andren Dings, (s/ p)[8] etwa des Mannes, der Frau. Eine solche dialektische, binäre Relation heißt  umgangssprachlich „Verhältnis“ oder „Verhalten von Sachen“. Die zweite, prädikative logische Form heißt umgangssprachlich einfach „Ding“ oder „Sachverhalt“.

Als Nächstes wird dieses “Urteil” nicht als logisches Urteil, als strukturelles, relationales Verhalten zweier Individuen/ Sachen, sondern sogleich als Schuldurteil  ausgesprochen – aber vor jeder rechtlichen Verhandlung.  So bei #me too, etwa bei Weinstein. Aber erst die Gerichtsverhandlung wird klären können, ob sich die Anschuldigungen, diese Prädikationen durch Hinweis, tatsächlich als Schuld, also  als sexuelle Ge­­walt oder als gewaltigen Sex erweisen. Da hat Heike Makatsch einfach Recht. Und im Fall Wedel sind bereits alle (18) Anschuldigungen in der gerichtlichen  Voruntersuchung als haltlos erwiesen worden. Eine Anklage kann nicht erhoben werden. Aber der Mann ist fertig – der Täter, der „Vergewaltiger“!

So ist, egal wie  die Sachverhalte tatsächlich sind,  das “strukturelle” Täter/Männer-Opfer/Frauen-Dominanz-Verhältnis in den Köpfen der Feministen-Genderisten, scheinbar auf immer, wie in Beton gegossen. Dieser Sachverhalt allein verhindert dem Feminismus-Genderismus einen freien Blick auf die Relationen, Strukturen, in welchen Menschen ihre Geschlechterbeziehungen rund um das darin Invariante organisieren, die starke paarige Nach­wuchs­pro­duk­tion[9]. „Bios“( gr.), heißt Leben und Leben ist Fortpflanzung. Da beißt die Maus kein’ Faden ab, wie mein Freund Till W. gerne sagte.

So wird im Feminismus-Genderismus selbst der Anspruch der “Frau” auf Selbstbehauptung noch aus der unverrückbaren Opferposition formuliert. Die, konsequent gedacht, von der Frau auch niemals verlassen werden kann.  “Strukturelle Gewalt” ist eben strukturelle Gewalt, keine „schlechte Gewohnheit“ von Kerlen. So, in dieser feministisch-genderistischen Hinsicht, hat die ”Frau” immer schon, Grund zu klagen, und sie ist dabei immer ohne Selbst-Verantwortung! Wie war das noch mal mit der Emanzipation und der „Autonomie“, also der Selbst-Setzung des eigenen Gesetzes – der „Selbstbestimmung der Frau”? Offenbar nichts! Na das hat ja auch was! Ist doch sehr bequem: Schuld sind immer die Anderen. Das war schon auf dem Schulhof so!

Hannover, den 21.4.2018

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[1] „Transzendental“ heißt eine Annahme, wenn sie die weitere sinnliche Anschauung vorab zu führen vermag, als Bedingung der Möglichkeit sinnlicher (Gestalt-) Wahrnehmung, also des Erkennens.

[2] Trivers, Robert L. Parental investment and sexual selection, in: Sexual Selection and the Decent of Men, 1871 – 1971, hrsg. Von B. Campbell, S. 136 – 179, Chicago

[3] The evolution of altruistic behaviour, in: The American Naturalist, 97, S. 354 – 356

[4] Amotz Zahavi: Mate selection: A selection for a handicap. In: Journal of Theoretical Biology. Band 53, 1975, S. 205–214.

[5] Signale der Liebe, Die biologischen Gesetze der Partnerschaft, Hamburg

[6] Mother Nature, A History of Mother, Infants and Natural Selection, New York

[7] Die Zeichen x und y heißen Individuenvariablen und stehen je für ein Einzelnes, z.B. ein einzelnes existierendes Männchen oder/und ein einzelnes existierendes Weibchen. Das Zeichen R heißt „Relationsbegriff“ oder auch „Strukturbegriff“ und steht für die „Kraft“, oder was auch immer, welche die Wirklichkeit des Zusammenseins der beiden Relata stiftet, z.B.: ein Männchen mit dem Eigennahmen Paul und ein Weibchen mit dem Eigennamen Else sind durch die „strukturelle Kraft der Liebe“ wirklich miteinander verbunden, etwa in der Innigkeit des Koitus. Dies kann dann so ausgesagt werden: „Paul liebt Else“ und umgekehrt, „Else liebt Paul“. Kurz: „Paul und Else lieben einander“. Die runden Klammern sind Zeichen für die die Einheit des Unterschiedenen. Im Griechischen heißt diese logische Form ‚dialektike techne‘, die „Kunst der Unterredung“.

[8] Hingegen: In der logischen Form eines Dinges mit Eigenschaft, heißt das Zeichen „s“  „Subjekt“ und steht ebenfalls für eine Individuenvariable, das  Zeichen  „ p„ heißt  Prädikat und steht für eine dem Subjekt zugehörige Eigenschaft, „/“ ist ein technisches Zeichen, das für die Unterschiedenheit von Subjekt und Prädikat in der Einheit  des Satzes, der Elementaraussage steht, gekennzeichnet durch die runden Klammer Z.B.:Ein Einzelnes existierendes Individuum mit dem Eigennamen Paul hat die Eigenschaft dick zu sein, „ist dick“. Dieser Sachverhalt kann dann kann dann so ausgesagt werden: „Paul ist dick“.

Und der Ausdruck, „steht für“ bedeutet, die Zeichen x und/oder y sind nicht das existierende Einzelne selbst, das ständig wechseln kann. Das existiert jenseits der sprachlichen Aussage, aber das Zeichen „steht für“, steht an Stelle des existierenden Einzelnen in der sprachlichen Aussage. Der Begriff der „dialektischen Einheit“, der binären Relation ist das, was sich in diesem Wechsel invariant zeigt, ebenso wie die  die begriffliche „prädikative Form“ eines Dings mit Eigenschaft.

[9] Gavrilets S. 2012. Human origins and the transition from promiscuity to pair-bonding. Proceedings of the National Academy of Sciences 109(25):9923–9928. [pdf]