Professor Schavan und die Wissenschaft

Das „Professorinnenprogramm“ mit der Schaffung von 200 unbefristeten Professuren nur für weibliche Bewerber geht dieses Jahr „erfolgreich“ zu Ende. Schirmherrin: Prof. Annette Schavan /1/.

150 Millionen Frauenförderung

Voraussetzung für eine Förderung (Fördervolumen 150 Mio €) der Professuren war, dass ein Gleichstellungskonzept für die beantragende Hochschule vorgelegt wurde.  Im Folgenden seien beispielhafte Themen genannt:

Mentoring Karriereförderung, Anreizsysteme für  Professorinnen,  Konzepte für Uni- Kindergärten, Ökonominnen-Netzwerk, Genderforschnung, Frauen – Förderpool, Gender und Musik, Dual Career und Diversity, sowie  GenderFotoausstellungen /2/.

Summa summarum geht es schlicht um Frauenförderung – umschrieben mit dem politisch korrekten Etikett „Chancengleichheit“  Es ging nicht  um wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn, den allenfalls als erfreuliches Nebenprodukt.

Die Evaluation obiger Forschungsförderanträge bezüglich „Gender Studies“ geschah nach dem Kriterium, inwieweit die vorgelegten Konzepte die Prinzipien der Chancengleichheit  erfüllen. Einmal abgesehen  von dem semantischen Missbrauch des Wortes  „Chancengleichheit“,  eine in der Wissenschaft übliche Ergebnis-Evaluierung nach Projektablauf  war  nicht vorgesehen. Das hat mit dem üblichen Instrument „Peer Review“ für wissenschaftliche Arbeiten relativ wenig zu tun. Geschweige denn mit dem Nachweis eines Nutzens dieser Lehrstühle für die Allgemeinheit. Dazu ein Zitat von Gerhard Amendt:

„Genderprofessuren beschränken sich auf die immer wiederkehrenden, wenn auch äußerst subtil angelegten Opferbeschreibungen. Das schließt weitgehend aus, dass solche Professuren nennenswerte Beiträge zur Entwicklung des Faches erbringen“/3/.

Männliches Abnicken

Es ist anzunehmen, dass dieses „Forschungsprogramm“ des Forschungsministeriums zur Förderung des  weiblichen, akademischen Nachwuchses vorwiegend männliche Gremien beschlossen haben. Seltsam. Was mag diese Männer dazu motiviert haben,  200 Professorinnen die akademische Laufbahn bis zu ihrer Pensionierung sicherzustellen….und so möglichen, männlichen Mitbewerbern den Erfolg ihrer Anstrengungen zu stehlen?

200 unbefristete Professuren, wäre das nicht ein Grund für die Professorenschaft, zu Protesten gegen diese himmelschreiende Ungerechtigkeit gegenüber Männern  auf zu rufen? Wo bleibt die männliche Solidarität?  Wo sind die mutigen, kritischen Stimmen, die die Unwissenschaftlichkeit der Evaluation angreifen?

Das „Beschützer-Gen“

Der klassische, männliche Beschützerinstinkt (im Folgenden unwissenschaftlich mit  „Beschützer-Gen“ bezeichnet ), gepaart mit Ritterlichkeit, ist zu einem liebedienerischen Verhalten  verkommen. Ein solches Verhalten beseitigt vorauseilend mögliche Probleme, die sich den potentiellen Professorinnen in den Weg stellen könnten. Die Instrumente dazu sind: Reduzierung der Leistungsanforderungen an die Professorinnen und Messbarkeit. Die daraus entstehenden Folgen für die Qualität und den Ruf der deutschen Wissenschaftseinrichtungen sind noch nicht absehbar..

Und was hat das Professorinnenprogramm mit dem Kasus Schavan zu tun? Es ist das immer stärker werdende,  fast unterwürfige, Verhalten von in Verantwortung stehenden Männern  gegenüber Frauen.  Das  „Beschützer-Gen“ hat seit Urzeiten die Frau vor Unbill der Außenwelt geschützt. Heute schützt es die Frau vor den selbstverständlichen Widrigkeiten des Erwerbslebens denen jeder Mann und jede leistungswillige Frau ausgesetzt sind. Man hat den Eindruck:  diese fast selbstlose Unterstützung der weiblichen Emanzipation sollte das jahrhundertlang erlittene Unrecht der Frauen durch die Männer wieder gut machen…..

Kasus Schavan

Dieses Gebaren  ist in den derzeitigen Solidaritätsbekundungen für die Wissenschaftsministerin Schavan  zu erkennen. Es sind Bekundungen von männlichen Vertretern der Wissenschaftsorganisationen, Kirchenoberen und männlichen Einzelpersonen. „Ball flach halten“ heißt die Devise. Ohne die Plagiatsuntersuchung abzuwarten, schießen sie mit  Medienbegleitung  gegen die Plagiatskommission und gegen den Unirektor, z.B. mit Argumenten der Verjährung und  mit dem Anlegen von weniger strengen Maßstäben, verglichen mit anderen Plagiatsfällen. Und das, obwohl sich die Deutsche Forschungsgesellschaft vor einem Vierteljahr noch auf strengere Maßstäbe bzgl des Plagiatsverdachts geeinigt hatte.

Mit dieser Vorgehenskritik lenkt man elegant von dem Kasus Schavan auf einen Nebenkriegsschauplatz ab. Hier kann man erkennen: „Beschützen“ der Frauen heißt für Männer heutzutage auch Schaden von ihnen abzuwenden. So verstummen auch die Medienreaktionen auf den  eigentlichen  Kasus Schavan  allmählich…..

Die Ministerin wird bevorzugt behandelt so wie die 200 Professorinnen.  Sie darf nicht fallen. Ist das nicht der ganz traditionelle Paternalismus, das Feinbild der Frauenlobby?

Man stelle sich vor, ein männlicher Wissenschaftsminister stände unter Plagiatsverdacht. Ein „Kreuziget ihn!“ würde durch alle Institutionen gehen – und das unabhängig vom Geschlecht der Kritiker.  Leicht umgewandelt, kommt so die lateinische Weisheit dann auch zu ihrem Recht: „Quod licet Jovi, not licet bovi“  (Frei übersetzt: Was der Frau erlaubt ist, ist  dem Manne nicht erlaubt)….

Fels in der Brandung

Eine rühmliche Ausnahme in diesem irritierenden Geschehen ist Prof. Piper – Rektor der Uni Düsseldorf und Leiter der Plagiatskommission in Sachen Schavan. In einer mutigen  Stellungnahme kritisierte er  (SZ v. 20.10.12) die   Sympathiebekundungen seiner Kollegen für Schavan . Piper legte zuvor ein ähnliches gradliniges Verhalten an den Tag, als feministische Kräfte versuchten, die zwei Männerkongresse an seiner Universität  zu verhindern. Er blieb standhaft…..die Kongresse fanden statt – allerdings mit Einsatz universitärer Sicherheitskräfte.

Apropos Amtspflicht

Als Wissenschaftsministerin ist Schavan seit Jahren mit dem bundesweiten Wissenschaftsnetzwerk beruflich verbunden. Es ist ein Miteinander des Gebens und Nehmens. Sie hat die Fördergelder, von denen die Wissenschaftler  abhängig sind. Weiterhin hat sie sich mit einer Schar von Anwälten umgeben. Mit dieser machtvollen Gruppierung meint sie, sogar der Plagiatskommission Vorgaben machen zu können. Man fragt sich schon, ob eine solche Netzwerkbildung „Pro Schavan“ zusammen mit den  obigen Ergebenheitsadressen nicht in einem Zusammenhang steht. Alles in allem: Eine unhaltbare Situation.

Ganz gleich, wie das Plagiatsverfahren ausgeht, jeder weitere Tag mit Ministerin Schavan als Wissenschafts(!) – Ministerin im Amt beschädigt das Ansehen nicht nur der deutschen Wissenschaftsgemeinde.

Schlussbemerkung: Ob die Väter des Grundgesetzes eine solche Entwicklung der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau angestrebt haben, ist  zu bezweifeln…

/1/ http://www.bmbf.de/de/494.php
/2/ Ausstellungskatalog „Gleichstellungsfördernde Maßnahmen“, BMBF, 2012
/3/ Amendt, Gerhard,  in „Schlagseite – MannFrau kontrovers“, Hrsg. Kuhla, E., Klotz -Verlag, 2010

3 Gedanken zu „Professor Schavan und die Wissenschaft“

  1. Das Grundgesetz ist eine nationale Verfassung und keine internationalistische. Und es nicht nur mit, sondern auch seit Schengen und Maastricht so oft gebrochen und mit paradoxen Ergänzungen angemüllt worden, oder von elementaren Artikeln gereinigt und anderweitig ersetzt (z.B. 23 GG), daß man mit der Aufarbeitung einen Bücherschrank füllen könnte (einfach nur mal Artikel 21 GG lesen).

    Artikel 23 GG beispielsweise hatte bestimmt, daß das GG nach einer Wiedervereinigung für ganz Deutschland Gültigkeit habe. Dieser Artikel ist mit einem EU-Artikel ersetzt worden und heute schreien alle nach einer neuen. Angeblich sei Deutschland auch nicht souverän, dabei steht im 2plus4-Vertrag ausdrücklich, er garantiere Deutschland die „volle Souveränität“!

    Die Hoheitsrechte über dieses Land sind schleichend nach Brüssel verlagert worden und der ist Souverän entmündigt. Was heißt Souverän? Souverän heißt „der Herrscher über ein Land“.

    Dabei sind die Grundrechte Artikel 1 bis 19 in ihrem Wesensgehalt unveränderbar. Auch Artikel 20 ist unveränderbar und daraus ließen sich alle folgenden Artikel natürlich ableiten.

    Das GG hatte ursprünglich einen einheitlichen Geist! Wo ist der hin?

    Staatsverschuldung (Bürgerverschuldung) heißt Rettungspaket; kürzen heißt sparen; verboten (Bailout) heißt erlaubt; Krieg heitß Frieden; unveräußerlich heißt veräußern; Unterdrücken heißt Gleichstellung oder helfen; Wahlversprechen gebrochen heißt versprochen; gefälschte Statistiken heißen richtige Statistiken; Enteignen heißt sozial; verstecken heißt offenlegen; gegen Deutschland heißt für Deutschland; Nein (EU-Verfassung, Osterweiterung, Euro-Einführung) heißt Ja; Lügen heißt Wahrheit – die Ursache für die Neuoraganisierung der Sprache liegt in dem Umstand, daß Diktaturen, gleich welcher Couleur, das Recht übertreten und damit das Unrecht zum Recht machen! Heuchelei wird zum tragenden Element!

    Ich will mal hier nicht politisch werden und erzähle in Kurzform eine Analogie (von Peter Bichsel).
    Es geht um einen Mann, der stocktaub für das Leben geworden war und zornentbrannt sich vornahm, etwas zu ändern, nicht bei sich, sondern bei der Betrachtung der Welt. Also sagte er zum Bett Bild, zum Tisch Teppich, zur Zeitung Stuhl und benamte so alle Dinge um. Er war schließlich so vergraben in seine Wahnidee, daß er lachen mußte, wenn die Leute zum Bild Bett sagten und zum Stuhl Zeitung; er mußte lachen, weil er das alles nicht mehr verstand. Und noch schlimmer, er konnte die Leute nicht mehr verstehen, also schwieg er und sprach nur noch mit sich selbst.
    Und genauso scheint es mir, reden wir miteinander, von oben nach unten, von unten nach oben, von links nach rechts und von rechts nach links: wir reden alle mit uns selbst, weil wir die wirklichen Dinge um uns herum verloren haben.

    Diktaturen erreichen immer diese Totalität einer Sprachverwirrung und Vereinzelung; ein zurückhaltender, aber hoher Funktionär der sowjetischen KP, der immer ergeben war zur sowjetischen Idee, echauffierte sich einmal für alle Anwesenden völlig überraschend und massiv, denn er konnte seine Rolle nicht weiter spielen fluchte in die Runde: Wir lösen unsere Probleme nie! Denn wir lügen gegenseitig was vor!

  2. „Es ist anzunehmen, dass dieses „Forschungsprogramm“ des Forschungsministeriums zur Förderung des weiblichen, akademischen Nachwuchses vorwiegend männliche Gremien beschlossen haben. Seltsam. Was mag diese Männer dazu motiviert haben, 200 Professorinnen die akademische Laufbahn bis zu ihrer Pensionierung sicher zu stellen….und so Männern den Erfolg ihrer Anstrengungen zu stehlen?“

    Das ist in der Tat das „Beschützer-Gen“, oder – besser noch – die Tatsache, dass Männer von Natur aus um Frauen konkurrieren, jedenfalls wesentlich stärker als umgekehrt und deshalb nicht zusammenhalten, sondern Konkurrenten sind, die sich gerne gegenseitig übertrumpfen und ausstechen, um die Gunst einer oder mehrerer Frauen für sich zu gewinnen.

    Ein diesbezüglichen Unterbewusstsein, was wir von Natur aus haben, reicht da schon.

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