…spricht Burkhard Oelemann mit Arne Hoffmann (Gründungmitglied bei AGENS)
Das folgende Interview mit dem Anti-Gewalt-Berater und -Pädagoge Burkhard Oelemann hatte ich bereits geführt, bevor das Thema häusliche Gewalt durch seine skandalöse Behandlung durch die Zeitschrift Chrismon noch einmal besonders aktuell wurde. Deshalb habe ich Burkhard Oelemann nicht eigens dazu befragt (er fand meine Analyse der Chrismon-Artikel allerdings „sehr, sehr gut“, was nahelegt, dass er sich ihr inhaltlich anschließt). Stattdessen dreht sich das folgende Interview allgemeiner um die Dämonisierung von Männern, die Verleugnung der Gewalt von Täterinnen und andere damit zusammenhängende Themen.
Zu den zahlreichen von Burkhard Oelemann in den letzten Jahren angestoßenen Projekten gehören beispielsweise die Webjungs, das von MANNdat und AGENS unterstützte Netzwerk Jungenpädagogik, eine niedrigschwellige Gewalthotline für Täterinnen und Täter sowie zwei Infoseiten über Täterarbeit im Bereich häuslicher Gewalt und über Täterinnen.
Hier gehts weiter….
Zum Thema Dämonisierung der Männer ist vor einiger Zeit ein extrem interessanter Beitrag von Christoph Kucklick erschienen: „Das verteufelte Geschlecht“, http://www.zeit.de/2012 16/DOS-Maenner/komplettansicht
Kucklick ist Soziologie und Politologie (s. https://www.xing.com/profile/Christoph_Kucklick). Eine überarbeitete Fassung seiner Dissertation erschien 2008 mit Titel „Das unmoralische Geschlecht: Zur Genese der negativen Andrologie“ bei Suhrkamp. Er hat als erster systematisch untersucht, wie sich das Image des Mannes vom 18. in das 19. Jahrhundert verändert hat. U.a. bekannte Philosophen wie Fichte, Humboldt oder Schelling – also fast ausschließlich Männer! – haben extrem negative Pauschalurteile über Männer in die Welt gesetzt. Dieses Image hat sich im Laufe des 19. Jahrhunderts verfestigt und schon damals zu erheblichen Repressionen von Männern geführt.
Kucklick widerlegt die oft gehörte Behauptung, die Dämonisierung der Männer sei eine Erfindung des Feminismus, tatsächlich ist sie viel älter. Seine detaillierte Analyse der historischen Entwicklung des Images von Männern ist eine der wichtigsten Beiträge zur Genderforschung der letzten Jahre. Insb. seine Analyse, wieso es schon zu Beginn der Neuzeit zur Dämonisierung der Männer kam, ist extrem aufschlußreich.
In dem Zeit-Artikel steht eigentlich nichts Neues bzgl. der historischen Entwicklung, erfreulicherweise ist seine Forschung auf diesem Wege einem breiten Publikum bekannt geworden.
Bedauerlicherweise begibt er sich teilweise aufs Glatteis – er ist sicher ein sehr guter Soziologe oder Historiker, aber kein Naturwissenschaftler – und rutscht entsprechend heftig aus: Baron-Cohens Erkenntnisse werden als pauschal als lächerlich verunglimpft, alle bisher statistisch zu beobachtenden sozialen Unterschiede zwischen Männern und Frauen werden als Resultat von „priming“ verstanden, Männer und Frauen werden als beliebig umformbar betrachtet. Dieser Ausrutscher schmälert den Wert des Zeit-Artikels bzw. der Arbeit von Kucklick aber nur unwesentlich.