Interview mit Monika Ebeling

Zu einer Artikelserie „Gleichstellung im Umbruch gehört auch ein Gespräch mit der ehemaligen „Frontfrau“ Monika Ebeling. Sie hat sich während ihrer Zeit als Gleichstellungsbeauftragte in Goslar erstmalig für die Gleichstellung von Männern eingesetzt. Und das hat sie mit aller Beharrlichkeit getan, sehr zum Mißvergnügen der ortsansässigen Feministinnen. Durch ihren Kampf für die Männer hat sie dann letztendlich ihre Arbeitsstelle bei der Stadt Goslar verloren – ganz abgesehen von dem daraus folgendem Karriereknick. Wir unterhalten uns mit Monika Ebeling über das was war, und wie sie die Zukunft der Gleichstellung sieht. Hier kommt nun Teil 2 unserer Artikelserie „Gleichstellung im Umbruch

1. Eckhard Kuhla: Du hast als erste Gleichstellungsbeauftragte versucht, männerpolitische Aspekte in Deine Arbeit mit ein zu beziehen. Kannst du einen kurzen Einblick in die Geschehnisse damals geben?

Monika Ebeling : Eher ´zufällig´ bin ich im Frühjahr 2010 auf das Buch ´Befreiungsbewegung für Männer´ [1] gestoßen. Du bist ja einer der Herausgeber. Die in diesem Buch zusammengetragenen Essays und Analysen namhafter Fachleute waren für mich, als Frauenrechtlerin, damals harter Tobak und erschütterten meine – ohnehin brüchig gewordene – parteiliche Sicht, die sich einseitig nur für Frauen einsetzt.

In Deinem Buch wurden Zahlen, Daten und Fakten geliefert, mit denen ich meine eigene gleichstellungspolitische Haltung überdenken und fortentwickeln konnte. Ich mochte den feministischen Kämpferinnen und ihren zahlreichen Mitläufern längst nicht mehr glauben, die immer wieder behaupten, Männer ab- und Frauen aufzuwerten, sei ´der einzig wahre Weg zur Emanzipation der Frau´. Im Gegenteil habe ich mich, auch aufgrund meiner wachsenden Lebens- und Berufserfahrung, für die zahlreichen Nöte von Jungen, Männern und Vätern mehr und mehr interessiert und sensibilisieren lassen. Eine umfassende persönliche und politische Hinwendung zu männlichen Anliegen ist auch heute meines Erachtens dringend nötig, wenn man in der Geschlechterdebatte nicht einseitig, ungerecht, bitter und hart werden will. Es blieb ja nicht aus, dass ich als Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Goslar, auch praktisch mit aktiven Männern und Männergruppen zusammen arbeiten wollte. Ich wollte das eine tun und das andere nicht lassen und möglichst ausgewogen Frauen und Männer in meiner Arbeit berücksichtigen. Ich half z.B. in Goslar einer Männerselbsthilfegruppe ins Leben, die noch heute besteht, http://www.aktivepapas-goslar.de/, ich habe Männer persönlich beraten und mit meinen Mann privat einen Männernotruf gegründet.

Mit meiner halben Stelle war ich ja eigentlich ein sogenanntes `Frauenbüro´ und landes- und bundesweit in das Netzwerk http://www.frauenbuerosinniedersachsen.de/ und http://www.frauenbeauftragte.org/ automatisch hineingenommen. Mir war das aber zu einseitig. Ich stellte mir die Frage: Warum Männer und ihre Anliegen derart ausschließen, sie sogar verteufeln? Auf einer Veranstaltung von Frauenbeauftragten legte ich einmal männerpolitisches Infomaterial aus. Das fand ich nach einer halben Stunde in einem Mülleimer im Flur wieder. In diesen Kreisen ist es fast unmöglich, adäquat über männerpolitische Anliegen in der Geschlechterdebatte zu diskutieren. Es wird überwiegend geblockt, bagatellisiert und lächerlich gemacht. Männerthemen sind ausgeschlossen, man kreist um sich selbst.

Mir als Gleichstellungsbeauftragte war es ein Anliegen auf der Website der Stadt Goslar auf Angebote für Männer hinzuweisen. Diese Verweise bestehen bis heute und können so schlecht nicht sein: https://www.goslar.de/stadt-buerger/leben-soziales/gleichstellung/214-angebote-fuer-maenner. Diskriminierung ist doch keine Frage des Geschlechtes.

Es ist nachzuvollziehen, dass nach meiner Abberufung ein großes Interesse an den Ereignissen in Goslar aufflammte. Was wohl passiert wäre, wenn es erstmalig in einer Kommune eine offene Diskussion zur Sache, statt einer Abberufung gegeben hätte? Goslar hätte bundesweit eine Vorreiterrolle spielen können. Die Chance ist jetzt vertan.

2. Eckhard Kuhla: Kannst Du uns etwas über Deine damalige Gefühlslage berichten?

Es ging mir in den letzten Monaten als Gleichstellungsbeauftragte schlecht. Mir wurde vonseiten der Verwaltung nahe gelegt, das Amt von mir aus abzugeben. Es gab offene persönliche Anfeindungen. Die örtliche Presse hat mich zerrissen. Ich fühlte mich nicht mehr wohl in meiner Haut. Aber mit Blick auf Jungen, Männer und Väter, die aufgrund einer falsch ausgerichteten Geschlechterpolitik in teilweise ausweglose Lebenslagen geraten, habe ich versucht, so gut und so tapfer wie möglich den Weg bis zum bitteren Ende zu gehen. Man sagt eine Tür schließt sich und eine andere geht auf. So ist es dann, Gott sei Dank, auch bei mir gewesen. Ich habe mein Auskommen und erledige mich erfüllende Aufgaben.

Die Geschichte meiner Abberufung habe ich in einem Buch[2] zusammengefasst. sie ist in Teilen auch im Goslarer Archiv hinterlegt. Alle deutschen Leitmedien berichteten zur Sache. Das Ganze ist Filmreif. Zahlreiche Artikel und Texte, Radio und TV Beiträge, Podiumsdiskussionen und Vorträge folgten. Es war eine bewegende Zeit.

3. Eckhard Kuhla: Wie siehst die Rolle von Netzwerken?

Ich bin mit bestehenden Männernetzwerken der Bundesrepublik in Kontakt getreten. Es sind ja nicht sehr viele gewesen. Einschlägige männerpolitische Fortbildungen, die ich besuchte, hießen z.B. ´Männer in Kitas´, ´Männlichkeiten in Bewegung´, ´Jungen – Die Schwachen Starken´,´ Neue Männer muss das sein´ oder ´Deutschland sucht den Superpapa´. Kolleginnen habe ich dort übrigens vermisst. Ich empfand den Gedankenaustausch mit Männern und Männergruppen als ein Gegengewicht zu der einseitigen Parteilichkeit, die mir vor Ort agierende Frauen und Frauenverbände im Amt aufzwingen wollten.

Heute kann ich das eng geknotete Netz der feministischen Ideologen, ihrer Anhänger und Sympathisanten sehen. Im feministischen Lager herrscht Stillstand. Der alte Kampfgeist um Gerechtigkeit für Frauen ist überflüssig geworden. Heute geht es überwiegend um sexuelle Vielfalt und die Rechte von Schwulen und Lesben.

4. Eckhard Kuhla: Wie siehst Du die Zukunft der „Männerbewegung“?

Man kann eine Bewegung ´machen´, indem man die öffentliche Meinung beeinflusst, solvente Sponsoren und prominente Unterstützer für sich und sein Anliegen gewinnt. Das ist gewissen Frauen, mit ihren Kampagnen, gelungen. Alice Schwarzer und ihre Anhängerinnen brüsten sich bis heute unkritisch mit ihren ´Errungenschaften und Erfolgen´. Für manche prominente Schauspielerin, Sängerin oder Moderatorin scheint es en vogue, sich mit diesen zweifelhaften Vorbildern sogar zu solidarisieren. Ich glaube nachhaltiger ist es, wenn sich ein berechtigtes und gerechtes Anliegen im eigenen Tempo entwickeln und natürliche Wege finden kann. Es sind erhebliche Fortschritte im Bereich der Rechte von Vätern errungen worden. Teilweise, weil Männer die Mittel besaßen, bis vor das Bundesverfassungsgericht oder den Europäischen Gerichtshof zu gehen. Manchmal auch deshalb, weil ein einzelner Mann bereit war, die breite Öffentlichkeit durch die Medien, an seiner persönlichen Notlage und Verletzung teilhaben zu lassen. Manchmal aber auch, weil einzelne Politiker den Mut besaßen öffentlich zu artikulieren, was an sie herangetragen wurde. Männer müssen Mut aufbringen, wenn sie eine Männerbewegung sichtbar werden lassen wollen. Es nützt nichts, wenn eine Männerbewegung wie eine Seifenblase schnell entsteht und ebenso schnell wieder zerplatzt. Deshalb bin auch gar nicht beunruhigt oder ungeduldig. Sie kommt, wenn die Zeit reif ist.

Ich habe den Eindruck, wir sind auf einem guten Weg und meine Abberufung hat der Sache auch etwas Schub gegeben. Die alte “Emanzengarde“ ist m.E. am Ende ihres Weges angekommen. Alles nur noch eine Frage der Zeit. Der Geschlechterkampf hat immense Auswirkungen. Warum man nicht erkennen will, dass einseitige Lobbyarbeit für Frauen Kinder schädigen kann, verstehe ich bis heute nicht. Da werden z.B. Initiativen, die sich für Mütter einsetzen, aber Väter abweisen, staatlich subventioniert, obwohl dieses Vorgehen nachweislich Kinder schädigt. Selbst in der Rechtsprechung findet diese Frauen- bzw. Mütterbevorzugung Eingang. Das ist echt problematisch.

Die Tide wechselt und es wird Zeit für Männer sich darauf vorzubereiten. Für Frauen kann es wichtig sein, ihre Brüder, Söhne, Freunde, Partner und Ehemänner noch mehr zu unterstützen und sich mit deren berechtigten Anliegen zu solidarisieren. Frauen sollten den Mund aufmachen, wenn Geschlechtsgenossinnen Männer verächtlich behandeln oder lächerlich machen, ihnen Einhalt gebieten und Gegenposition sein. Man könnte einen Quantensprung wagen, denn das unglaubwürdige Schema ´Tätermann und Frauenopfer´ ist längst nicht mehr haltbar. Ein erster Schritt wäre, Gewaltschutzräume auch für Männer/Väter und ihre Kinder zu fördern. Auch „Familienhäuser“ wären ein Modell. Ich halte Frauenhausarbeit für eine parteiliche Laienbewegung, die sich nicht professionalisieren will, weil sie sich der ausgewogenen Fachlichkeit im Kontext häuslicher Gewalt verweigert.

5. Eckhard Kuhla: Die Frauenfrage scheint mir mittlerweile obsolet geworden zu sein. Was könnten Männer dazu beitragen, um einen Wandel in der Geschlechterfrage herbeizuführen?

Ja, da hast du Recht. Im ersten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung (2011) klang das auch an. Es könnte richtig sein, im Rahmen der Lebensverläufe von Frauen und Männern auf Entscheidungsengpässe zu schauen. Es gibt Zeitpunkte im Leben, in denen die Wahlmöglichkeiten fehlen, weil es politisch nicht gewollt oder gefördert wird. Strukturelle Diskriminierung findet sich im Lebenslauf von Frauen UND Männern und manchmal auch an unterschiedlichen Positionen. Man käme mit dieser Sichtweise weg von der Geschlechtsbezogenheit. Ich denke das täte gut.

Jeder Mann kann an dem Platz, an dem er steht, etwas tun. Manchmal wird es wie ein Pilotprojekt sein, ein Modellversuch, ein Experiment vielleicht. Initiativen sind von großer Bandbreite: Es gibt männliche Einzelkämpfer, die durchaus wirkungsvoll agieren. Netzwerker werden genauso gebraucht wie prominente Gesichter oder solvente Geldgeber. Aber auch der ´kleine Mann´ ist gefragt, der vielleicht noch in diesem Moment glaubt, nichts bewegen zu können. Er könnte das Zünglein an der Waage werden, der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringen kann. Ich kenne Männer, die sich aus der persönlichen Betroffenheit herausgearbeitet haben und jetzt als Berater oder Multiplikatoren aktiv und ausdauernd für Väter, Männer und Jungen tätig sind. Es gibt Fachleute und Wissenschaftler, die trotz zu erwartender Schwierigkeiten im Unternehmen oder an der Hochschule, den Mund aufgemacht haben. Es gibt Redakteure von großen und kleinen Zeitungen, die den Mut aufbringen diese Themen nicht einseitig parteilich für Frauen aufzuarbeiten. Und haben nicht unlängst junge Liberale in Schweden gefordert, Väter sollten bei einer Abtreibung ein Veto Recht bekommen. Man kann viel tun, um Menschen ´aufzuwecken, wachzurütteln´ und die Situation von Jungen, Männern und Vätern in unserer Gesellschaft zu verbessern. Es wird Zeit, dass Frauen UND Männer auf Augenhöhe miteinander handeln und verhandeln können. Spätestens, wenn die Öffentlichkeit erreicht ist, wird die Politik handeln müssen. Die Türen sind bereits ja aufgestoßen.

6. Eckhard Kuhla: Wie siehst Du im Rückblick die Frauenbewegung?

Eine Vielzahl, von der Frauenbewegung und der feministischen Ideologie heimgesuchter Frauen, sind jetzt im fortgeschrittenen Alter und stellen eine erhebliche Wählerschaft dar. In Anbetracht der anstehenden Bundestagswahl könnten sich die Parteien fragen, ob sie die feministische einseitig ausgerichtete Lobbyarbeit weiterhin unterstützen, oder ob sie nicht besser die geschlechterpolitischen Interessen junger Frauen UND junger Männer auf ihre Agenda setzen wollen. Die Frauenbewegung nach Alice Schwarzer und deren feministische Ideologie haben das Klima im Land vergiftet, indem sie Frauen gegen Männer aufhetzten. Sie haben auch einen Generationenkonflikt erschaffen, der kaum erörtert wird. Junge Frauen und Männer wollen zunehmend partnerschaftlich miteinander agieren, etwas, dass ihre emanzipierten Mütter und Großmütter noch ablehnten, indem sie sich gegen alle Männer auflehnten. Ehemals frauenrechtliche Positionen und der Kampf gegen vermeintliche Vorrechte von Männern sind im Kampf gegen die sogenannte „normative Heterosexualität“ aufgegangen. Für mich ist das Verrat an den alten Forderungen der Frauenbewegung und könnte unabsehbare Folgen haben.

Aus Erfahrung weiß ich, gegen die feministische Ideologie an zu kämpfen, erfordert langen Atem. Daraus ziehe ich die Folgerungen: man muss besonders auf die Folgen des Gendermainstreamings hinweisen und eigene Botschaften/Aktivitäten dagegen setzen und entwickeln, wie z.B. die Arbeitsgruppe „Trennungskinder“ von Agens. Kinder leiden doch sehr unter dem Geschlechterkampf. Ich hatte gar nicht vor, gegen Irgendjemanden oder Irgendetwas zu kämpfen. Doch, wenn man sich plötzlich selbsternannten Gegnern gegenübersieht, dann muss man überlegen, ob man sich duckt oder sich stellt. Ja, man wird womöglich auch etwas einstecken. Plötzlich hatte ich nicht nur ein paar Frauen gegen mich. Ich sah mich einer Ideologie gegenüber stehen, die ich zuvor als solche gar nicht erkannt hatte. Ein mächtiger Feind, der gern aus dem Hinterhalt agiert. Frauen morden anders. Mir haben diese Frauen auf eine gemeine Art und Weise meine Heimat Goslar geraubt, mich nachtretend verletzt und rücksichtlos meine Berufskarriere im öffentlichen Dienst zerstört.

7. Eckhard Kuhla: Es gibt diese ursprünglichen Gleichstellungsaufgaben für Frauen nicht mehr, und dennoch wird „Gleichstellungsarbeit“ fortgeführt und zunehmend mit „Diversifikationen“ ausgefüllt, z.B. mit Radfahrkurse für Migrantinnen. Das ist doch eine stillschweigende Änderung der ursprünglichen Aufgabenstellung einer Gleichstellungsbeauftragten, oder?

Dass das Ende der einseitigen Parteilichkeit für Frauen nahe ist, das merken auch die zahllosen staatlich subventionierten Aktionsbündnisse für Frauen. Für viele Menschen sind die alten Ziele der Frauenbewegung erledigt und es ist nicht mehr nachvollziehbar, warum dennoch immer wieder dasselbe gefordert wird. Die ehrwürdigen, frauenrechtlichen Positionen drohen sich selbst ins Lächerliche zu ziehen. Wenn man beispielsweise Frauenhäuser subventioniert, die vor Migrantinnen überquellen, dann ist das Problem wohl eher eine Frage der Migrationspolitik, als der Frauenpolitik. Wenn man Abtreibung heute noch für eine Errungenschaft der Frauenbewegung hält, dann hat man wohl niemals interuterine Bildaufnahmen von Ungeborenen gesehen und weiß nix über pränatale Diagnostik. Es gibt Ungereimtheiten in der Argumentation von Frauenverbänden, die es aufzuarbeiten gilt, wenn man weiteren gesellschaftlichen Schaden durch diese falsche Ideologie vermeiden will.

[1] Hg. Kuhla u. Gruner, Psychosozial Verlag 2009

[2] Die Gleichberechtigungsfalle, Herder 2012