Die Alleinerziehende…

Ein bissiger Beitrag für Deutschland Radio Kultur von unserem Gründungsmitglied Paul-Herman Gruner:

Die Alleinerziehende: Prototyp des sozialen Opfers Edel, hilfreich und gut, gleichzeitig aber auch arm, geschunden, ohne jede Eigenverantwortung in Not geraten, das ist heute unser Protoyp des sozialen Problemfalles: die Alleinerziehende. Eine Allzweckwaffe: Sucht eine Talk-Show ein Opfer der industriellen Moderne, der internationalen Finanzkrise, der postpubertären Verelendung, der alltäglichen Prekarisierung – dann greift sie zu dieser jungen Frau mit Kind oder Kindern. Sie lächelt dann gefasst in die Kamera und lässt uns teilhaben am Elend. Früher hätte man in Sachen Elend und Verarmung vielleicht einen Obdachlosen präsentiert, der im Stadtwald campiert, eine verarmte Seniorin ohne Witwenrentenanspruch, einen teilamputierten Gerüstbauer, der keinen Arbeitsplatz mehr findet – heute stellt diese Schicksalsschläge die Alleinerziehende alle in ihren großen, dicken, unhinterfragten Schatten. Ihre Gruppe wächst in Deutschland staunenswert schnell – genauso die Kosten für ihre Alimentierung. Im Osten der Republik bilden Alleinerziehende 26 Prozent aller Haushalte mit Kindern. Etwa 2,2 Millionen Kinder leben in rund 1,6 Millionen Ein-Eltern-Familien. Die rund 10 Prozent alleine erziehenden Väter taugen aber nicht zur Vorführung als bedauernswertes Etwas; dazu braucht es das Optimum, die Alleinerziehende mit der fünffachen Mitfühl-Voraussetzung: jung, weiblich, vom bösen Manne verlassen, systemisch benachteiligt, in steter Sorge ums Kind verzehrt. Dagegen wirken verschüttete Erdbebenopfer privilegiert.

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