Ein Paar: Mann und Frau. Alternativlos.

von Eckhard Kuhla

In jüngster Zeit häufen sich die Texte über den Mann. Es folgt eine Betrachtung im Kontext Mann und Frau.

Fangen wir mit den Jungens  an: ich sehe vor mir Stefan inmitten des Stuhlkreises  einer Grundschulklasse. Er muss sich für  eine Rauferei  auf dem Schulhof rechtfertigen und  entschuldigen. Ein Grund für die Lehrkraft, den Jungen in der Mitte zu belehren – im Beisein seiner Mitschüler. Eine solche  Demütigung kratzt an seiner Identität. Überhaupt erfahren Jungens in der Schule mittlerweile geringere  Empathie, obwohl sie diese mehr als Mädchen benötigen. Mangelnde Empathie reduziert  die Leistungsbereitschaft  der Jungen. Dann wären Jungens keine Bildungsverlierer, sondern „Empathieverlierer“…

Kommen wir zu den Männern mit einem weiteren Bild:  Ein frisch geschiedener Vater – einer von rund 500(!)  Vätern pro Gerichtstag –  verlässt das  Familiengericht.  Mit dem Scheidungsurteil  werden Kinder meistens der Mutter zugeteilt, und der Vater? Er hat mit dem Urteil gleichsam sein  Kind und… seine Würde verloren.   Nicht nur das, aus diesen geschiedenen Vätern  – als ehemalige  Leistungsträge r-  werden  häufig Leistungsempfänger, mit volkswirtschaftlichen  jährlichen  Folgekosten im zweistelligen Milliardenbereich, für manche Frauengruppen eine häufig beschwiegene Aussage…

Männer im Zeugungsstreik

Völlig unerwartet kam in den letzten Jahren als eine häufige Folge von  Scheidungsurteilen  noch der zunehmende „Zeugungsstreik“ junger Männer hinzu. Zum großen  Teil reichen Frauen die Scheidung ein.  Die Ehe hat damit für junge Männer  die  Rollengewissheit  durch die  Familie verloren. Im Gegenteil:  es  droht  nach einer Scheidung die Rolle als  Zahlväter ihrer  Kinder – obwohl  ein  Trennungsvater sein Kind nur alle paar Wochen mal sehen darf. Ein Phänomen, was man zunehmend auf Bahnsteigen am Freitagnachmittag beobachten kann: Trennungsväter holen ihr Kind von der Mutter ab. Unwillkürlich  empfindet man Mitleid mit diesen Kindern, mit den wirklichen Opfern..…

Entwürdigung der Trennungsväter und  Zeugungsstreik:  Sind das Phänomene einer sich verändernden Gesellschaft oder  Kollateralschäden des Feminismus?  Es liegt nahe, dass das keine Kollateralschäden sind, sondern eher Teile einer totalitären Staatsideolog. Diese Behauptung ist noch immer nicht “politisch korrekt“,  jetzt wäre es Zeit für ein Umdenken……..

Die neue Galanterie

Noch ebnen Männer  den Frauen ihren  Weg wie seit undenklichen Zeiten und  neuerdings beispielsweise mit der Frauenquote. Sie „fördert“ vermeintlich „DIE“  Frauen, aber nur die, die diese Förderung benötigen…

Eine „Neue  Galanterie“ (Amendt) zeichnet sich ab, als ob das Beschützer Verhalten von Männern  durch  ein  virtuelles „Beschützer-Gen“  gesteuert wird.  Das kann sich ändern. Die zunehmende Diskriminierung der Männer könnte sich zu  einer Zeitbombe entwickeln, deren Ticken die Gesellschaft  noch nicht wahrgenommen hat. Das soll sie wohl auch nicht, der „Mann“ und Männlichkeit sind  gemäß  der Staatsideologie „Gender“  zu einem Tabuthema  verkommen. So spielen  häufig Männer in den TV – Medien mittlerweile die „gutmütigen Trottel“ und geben sich damit – nolens volens – der  Lächerlichkeit preis. Die  dergestalt freiwerdenden Männerrollen wurden unmerklich von taffen, multi-tasking Superfrauen übernommen, die demonstrativ durch männliches Verhalten auffallen……

Positive Diskriminierung

Eine herablassende Haltung  spiegelt sich auch  in den täglichen Diskriminierungen der Männer wieder. Männer werden – von der Öffentlichkeit kaum bemerkt –  in einem  kaum vertretbaren  Maße  bei Bewerbungen, Beförderungen, usw. benachteiligt, nach dem Motto bei gleicher Befähigung gilt „in dubio pro femina“.  So werden Männer  in der Summe strukturell diskriminiert, um das, so die Begründung, in der Vergangenheit angeblich von ihnen an Frauen begangenem Unrecht wieder gut zu machen, der Euphemismus  „positive Diskriminierung“  begründet das frauenförderndes Verhalten.  Welche  menschenverachtende Formulierung. Und die Männer? Sie schweigen. Ist es wieder das Beschützer-Gen, was sie von Empörung und  Protest  abhält, oder noch schlimmer Selbstaufgabe…?

Gleichstellungsbeauftragtinnen……

Brauchen wir also doch Männerbeauftragte? Nein. Männerbeauftragte müssten in Konkurrenz  zu den unzähligen Gleichstellungsbeauftragten treten, die eigentlich auch für Männer da sein sollten. Tun sie aber nicht. Dürfen sie auch nicht, sie sind budgetmäßig im Widerspruch zu ihrer Bezeichnung auf Frauenförderung festgelegt. Ein Männerbeauftragter müsste also erst einmal für sein Budget  kämpfen. Das wäre bei der jetzigen, finanzstarken, etablierten  Infrastruktur der Gleichstellungsbeauftragten ein hoffnungsloses Unterfangen.

Eine neue  Geschlechterpolitik braucht keine Geschlechtsvertreter, das wäre eine Clientelpolitik besonderer Güte. Was das gebracht hat, zeigt ein Jahrzehnt  Gleichstellerei: rd. 2000 Gleichstellungsbeauftragte in der öffentlichen Verwaltung. Ergebnis? Eine Verwaltung für Frauenförderung par Excellence ………

Work-Life Balance: die Einstiegsdroge     

Die ausgeglichene Work-Life Balance benötigt eine (Paar-) Politik für Mann UND  Frau“ im Verbund. Mit dem Eintritt der Frau in die Arbeitswelt  geriet die Work-Life außer Tritt. Der Mitverdienst der Frau fand häufig nicht freiwillig statt, sondern ging einher mit der  kontinuierlichen Reduzierung des Nettoeinkommens der Familien. Der Mitverdienst der Frau brachte der Frau die Doppelbelastung Familie und Beruf und für den Mann einen  Rollenverlust. Er verlor die Rolle des Haupternährers der Familie. Es traf uns Männer ziemlich unvorbereitet, zukünftige, irgendwie  „männliche“ Rollen-Alternativen waren nicht in Sicht.

Da kam die Stunde der Frauenpolitikerinnen:

Immer mehr, immer mehr…..

Die Frauenpolitikerinnen  propagieren  mantramäßig  immer wieder z.B. die Aussage: „Immer mehr Väter wollen mehr Zeit  für die Familie haben“!   Ein banaler Spruch, will das nicht theoretisch jeder Vater? Aber je nach Gesellschaftsordnung  ist dieser Wunsch mehr oder weniger umsetzbar.  Dieses „Immer mehr“ vermittelt  (Schein-)Wahrheiten,  schafft  durch Wiederholung gewollte Trends und am Endes des Tages die gewünschten  Bilder  zukünftiger Rollen. Ähnliches gilt für die ideologisch gewollten Frauenrollen, wie beispielsweise „Frauen in die Vollzeit“. Und die Männer? Sie bereichern zusehends das Bild in den Fußgängerzonen: die Bilder des „Neuen Mannes“:  Väter mit Baby im Brustbeutel, zu Hause: immer zuhörend, familienorientiert, kommunikativ und sich selbst zurücknehmend, also  frauenfördernd.  Sie  sollen  an die Stelle der obsoleten,  „stereotypen“  männlichen Eigenschaften wie kämpferisch, risikobewusst, wettbewerbs- und zielorientiert treten.  Die heutige Geschlechterpolitik stellt das Hinterfragen dieser klassischer Rollen in den Vordergrund . Sie  unterstützt damit medial und auch förderpolitisch den „Neuen Mann“ beziehungsweise  den „Neuen Vater“. Das sind Kunstrollen, die nicht das Ergebnis eines ideologiefreien gesellschaftlichen Prozesses sind. Sie sind das Ergebnis  einer genialen(!)  Propaganda, initiiert von  relativ kleinen, aber finanzstarken  Frauengruppen zur Durchsetzung ihrer  frauenorientierten  Work-Life Balance. Da teilen sich junge Mütter  mit den Vätern den Haushalt,  mit ihrem  Kind notwendigerweise in Fremdbetreuung. Ob diese Rollenteilung immer freiwillig vom Manne übernommen wurde, sei  mal dahingestellt. Die Sehnsüchte der Kinder werden zugekleistert mit dem (Erwachsenen-) Mantra „Bildung statt Bindung“. Eine nicht verzeihliche Arroganz unseren Kindern gegenüber………

Das neue Arrangement

Für eine ideologiefreie Entwicklung  der Rollen von Mann und Frau müssen sie sich  vom genderpolitischen Ballast wie einseitiger „Gleichstellung“, sprich Frauenförderung und  angeblicher Gleichheit von Mann und Frau befreien.  Dieser Ballast stört nur den  notwendigen offenen gesellschaftlichen Prozess, der die individuelle Wahlfreiheit der Lebensmodelle ermöglicht, das reicht dann von den klassischen Modellen bis hin zu den individuellen, aushandelbaren Rollen in einer Partnerschaft.

Also: Weg frei für eine Geschlechterpolitik, die von der Natur des Menschen ausgeht,  von dem MITeinander von Mann und Frau, gleichsam einem neuen  Arrangement der Paarbeziehung zwischen Mann und  Frau. Die Modelle dafür sind Jahrhunderte alt: das  chinesische (Yin Yang) und auch das biblische  Modell:  Mann und Frau ergänzen sich gegenseitig –  dank ihrer Verschiedenheit und sie benötigen  einander. „Keines der beiden Geschlechter ist besser als das andere. Das ist nicht sexistisch , sondern klug“  (Martenstein). Das Ergänzungsmodell  geht von eigenständigen Charakteren aus und ist deswegen nicht zu verwechseln mit einer  Abhängigkeit der Partner voneinander.

Die unterschiedlichen Wahrnehmungen von Mann und Frau führen eben nicht zum Konflikt, zum Geschlechterkampf, sondern zum  gegenseitigen Verlangen nach Liebe und Nähe des Anderen. Eine solche  Beziehung Mann-Frau ist verbunden mit der  Beziehung hin zum Kind, der „Sehnsucht des Lebens nach sich selbst“ (Gibran).

Das Paar  Mann und  Frau befindet sich in einem gemeinsamen, kontinuierlichen und  gesellschaftlichen Prozess.  Erste positive Anzeichen für einen Wandel   zeigen  einige  Texte und Bücher von Männern und  Frauen der 30+ Generation  nach dem Motto  „Danke, emanzipiert sind wir selber![1]. Emanzipierte Frauen und Männer benötigen kein Hinterfragen ihrer Rollen, sie leben einfach  ihre Rollen – ohne vermeintlich trendige Rollenbilder. Das  tägliche  Arrangement  der Paare  vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Entwicklungen   ergibt  erst  in der summarischen Rückschau das sich verwandelnde  Rollenbild der Frau und des Mannes.

„Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird, ich weiß nur, dass es anders werden muss, wenn es besser werden  soll“ (Lichtenberg)

[1] Titel des Buches der ehemaligen Familienministerin Kristina Schröder