FRAUEN MORDEN NICHT – SIE TÖTEN NUR …oder: Männertöten als Wohlfühldelikt
Aus Anlass der geplanten Strafrechtsreform hier eine Stellungnahme von
von Gerhard Amendt
In den letzten 3o Jahren waren politische Kühnheiten unter deklarierten Feministen nicht unüblich. Sie meinten, dass unschuldige Männer ruhig einmal zu Unrecht wegen einer Falschbehauptung bestraft werden könnten, weil das als generalpräventive Botschaft an das gewalttätig deklarierte Männerkollektiv gesehen werden könne. Es wurde sogar gefordert, dass Strafgesetz zugunsten von Frauen zu ändern, da es bislang ohne Rücksicht auf das Geschlecht angewendet wird. So würden Frauen und Männer, die aus niederen Motiven töten, wie dem der Rache, gleichermaßen als Mörder verurteilt. Genau gegen diese Gleichheit vor dem Gesetz haben sich bereits in der Vergangenheit Feministen gestellt. Frauen, so das Argument, die Männer töten, hätten nämlich oft besondere Gründe, die aus ihrer eigenen psychischen Bedrohung herrührten. Diese sei beim Strafmaß und er Einordnung des Delikts zu bedenken. Die Berücksichtigung besonderer Tatumstände und das Recht auf Notwehr im Rahmen geltenden Rechts seien deshalb nicht ausreichend.
Diese Forderung aus den 1990er-Jahren stammte aus den USA, die den Vorreiter für ein frauenverstehendes Strafrecht für „mordende Frauen“ gab. Das wurde von feministisch orientierten Frauen im deutschen Sprachraum, wie so vieles andere, aus den USA übernommen. Es entsprach dem damaligen Geist, Frauen vor den anstrengenden Anforderungen der uneingeschränkten Gleichheit vor dem Gesetz zu bewahren.
Tötet, wenn ihr Euch bedroht fühlt
Psychologisch gesehen entsprach diese Politik jedoch der Infantilisierung der Frauen. Sie seien eben nicht ernst zu nehmen und an den Standards der „Männerwelt“ nicht zu messen. Allerdings stand das im Widerspruch zu dem weit verbreiteten Klischee von der weiblichen Gewaltlosigkeit, als plötzlich gefordert wurde, dass sie nach eigenem Gutdünken auch zur tödlichen Gewalt gegen Partner greifen sollen, wann immer sie das für angebracht hielten.
Da der Verdammungsfeminismus Frauen nicht nur als heilsgeschichtliche Träger einer lichten Zukunft der Menschheit stilisiert hatte, durften, was nahe liegt, ihre Tötungshandlungen nicht aus Aggressivität, Rache, Gewalttätigkeit oder aus niederen Motiven herrühren. Die Motive ihres Tötens durfte nur in den „von Männern verursachten Zuständen“ der äußeren Welt liegen. Verschärft formuliert: Auch mordende Frauen sollten noch Opfer sein, denen Nachsicht gebührt, weil sie dem großen weiblichen Opferkollektiv angehören.
Tötung aus Notwehr
Je mehr die vielgestaltigen Beziehungen von Männern und Frauen in das Klischee einer zweigeteilten Welt gezwängt wurden, nämlich Gute und Böse, desto mehr Spielraum bot sich für Feministen, mit außergewöhnlichen Forderungen an den Gesetzgeber heranzutreten – solchen, die zu Anstand, Rechtsempfinden und letztlich Grundgesetz wie Menschwürde in Widerspruch standen. Dabei ließen sich vereinzelt Männer beobachten, die von solchen Vorstößen der Frauen sichtlich begeistert waren, weil sie sich in Sphären vorwagten, in die sie bislang nicht vorgestoßen waren. Beispielhaft für diese eigentümliche Unterstützung ist ein Beitrag in der Zeitschrift Psychologie Heute 7/2004 unter dem Titel „Ich liebe Dich – ich töte Dich.“ Der Beitrag basierte auf einer Dissertation an der Freien Universität Berlin von 2002 und fordert, dass Frauen, die sich von einem extrem gewalttätigen Partner bedroht fühlen, ein Recht auf psychisch begründete Notwehrtötung erhalten, denn das könne ihren Absturz in die Psychose verhindern. Obwohl geltendes Notwehrrecht die Tötung eines Angreifers nicht ausschließt, um das eigene Leben zu erhalten, soll zusätzlich die Tötung aus einem besonderen Gefühl der „schweren psychischen Bedrohung“ ins Ermessen von Frauen gestellt werden. So heißt es recht suggestiv: „Ist eine jahrelang misshandelte Frau, die ihren Partner tötet, eine Mörderin? Oder muss die Tat als Akt der Notwehr gewertet werden? Da in den meisten Fällen keine akute Gefahr für Leib und Leben besteht, setzt sich diese Argumentation vor Gericht nur selten durch. Anders wäre es, wenn das Recht auf Selbstverteidigung nicht nur für das körperliche, sondern auch für das psychische Überleben gelten würde.“ Man könnte auch sagen, bevor eine Frau sich mit massiven bedrohlichen Konflikten in ihrer Beziehung auseinandersetzt, soll sie doch lieber den umbringen, der sie überfordert und den sie für schuldig hält, weil die Auseinandersetzung ihr zu anstrengend ist. Auf Hilfen von Psychotherapeuten, Konfliktberatern, Psychiatern und Polizei sollen sie deshalb verzichten wie auch den Rat von Freunden. Die anstehende Strafrechtsänderung des „Mordparagrafen“ steht demnach in einem offensichtlichen Verweisungszusammenhang zu feministischen Antworten auf partnerschaftliche Konflikte.
Dass ein „Sondertötungsrecht für Frauen“ vor 15 Jahren überhaupt vorgeschlagen werden konnte, setzte die generöse Bereitwilligkeit voraus, Frauen abweichend vom Gleichbehandlungsprinzip zu behandeln. Weil sie Frauen sind, sollen sie von der Absolutheit des Tötungsverbots entbunden werden. Wer die Debatte über die Beziehungswelt von Männern und Frauen bereits einige Jahrzehnte verfolgt, der wird sich des beispielhaft schamlos-aggressiven Jubels erinnern, mit dem tonangebende Feministinnen die Abtrennung des Penis von Wayne Bobbitt durch die Hand seiner sexuell unbefriedigten Ehefrau mit dem Küchenmesser feierten.
Aber auch die Menschenrechtskonvention soll für Frauen nicht gelten. Denn nicht erst die körperliche, sondern bereits die psychische Bedrohung soll Frauen zum Töten legitimieren. Das unterstellt, dass professionelle Hilfen für Beziehungspartner in schweren psychischen Konflikten nicht ausreichen, um Frauen zu helfen. Offenbar versprach sich die Autorin damals davon, dass einige der von ihr interviewten Mörderinnen dadurch straffrei oder mit einer geringeren Strafe hätten davon kommen können.
Definitionsmacht der Frauen
Dass es überhaupt zu einer solchen Forderung kommen konnte, hat mehrere Gründe. Zum einen haben vor etwa 20 Jahren Jahren Feministen es für selbstverständlich gehalten, dass Frauen eine Extrastellung eingeräumt wird. Die Frauenquote von 2015 für viele Bereiche der Gesellschaft ist ein Relikt der damaligen Privilegierungsforderungen. Ein anderer Grund dürfte sein, dass Frauen schneller als Männer Situationen als gewalttätig und bedrohlich erleben und deshalb schneller Angst als Männer haben. Deshalb können Männer bis zum heutigen Tag nicht aus der Rolle des Beschützers aussteigen, obwohl sie als überflüssig erklärt wird. Wegen dieses Unterschieds sollen Frauen selbst bestimmen können, wann sie sich und wie stark sie sich bedroht fühlen. Der Gesetzgeber solle das wie die Richter bedenken. Und genau darauf hat die Neudefinition von Mord und Tötung es abgesehen. Letztlich läuft es darauf hinaus, dass nicht Dritte im Rahmen des Gesetzes urteilen, was eine gewalttätige Handlung an Frauen sei und was nicht. Hier kehrt die bellizistisch Parole zurück, dass nur Frauen bestimmen könnten, was Gewalt für sie sei und was nicht. Dritte könnten die Wahrnehmung einer Frau nicht berücksichtigen, da jede Frau Sexualität und Gewalt anders erlebe als alle anderen Frauen und vor allem als Männer. So können Männer nie sicher sein, ob sie bereits sich gewaltsam verhalten oder nicht. Das zu beurteilen, soll allein Frauen obliegen. Ebenso könne es eine strafrechtliche und wissenschaftliche Objektivierung von Gewalt nicht geben, andernfalls sei es eine frauenfeindliche Handlung. Diese Überlegung findet sich in skandinavischen Rechtsvorschriften wieder. Sie ermöglicht es Frauen, einverständlichen Sexualverkehr rückwirkend als nicht einverständlich zu erklären und als Vergewaltigung verfolgen zu lassen, wie etwa im Fall von Julian Assange.
Damit verkehrt sich zu Gewalt, dass eine Frau sich sexuell nicht hinreichend befriedigt fühlt. Es gibt demnach einen impliziten Qualitätsanspruch für konsensuell eingegangene Sexualerlebnisse. Der wohlfahrtsstaatlich ausgerichtete Rechtsstaat übernimmt damit die Verantwortung für das sexuelle Wohlergehen der Frauen, indem er Männer bestraft, die den Erwartungen im Sexualakt nicht entsprochen haben. Zu Zeiten der 68er-Bewegung haben manche Frauen ihre Enttäuschung über den ausgebliebenen Orgasmus mit Ohrfeigen quittiert und die Auseinandersetzung selber geführt. Heute übernimmt das Strafrecht die Ahndung enttäuschender Männer, wodurch Frauen die Subjekthaftigkeit aberkannt wird und sie wie Kinder behandelt werden.
Schutzpolitik für Frauen
Die Forderung nach einem weiblichen Tötungsrecht, das kein Mord sein soll, entspringt, wie gesagt, einer weitreichenden Schutzpolitik für Frauen und Mädchen. Solche Formen sind beschützte Parkplätze, treppenhausnahe Toiletten an Flughäfen, kurz geschnittene Hecken in Parkanlagen, Quoten, Förderklassen an Schulen und Universitäten etc. Einiges davon ist Wirklichkeit geworden, anderes davon ist aus dem Alltag verschwunden und in Vergessenheit geraten. All das entsprang auch einer männlichen Schutzbereitschaft, weil Frauen als gewaltfrei und unfähig zur Selbstverteidigung gesehen wurden. Das Privileg, das für Frauen mit einem Sondertötungsrecht vor gut 15 Jahren hier und in den USA gefordert wurde, nimmt in der anstehenden Änderungen des Strafrechts jene Form an, dass nicht jeder Totschlag als Mord gelten dürfe. Um das zu untermauern wird in der augenblicklichen Strafrechtsdebatte ausdrücklich auf die „gequälte Ehefrau“ verwiesen, die bei Nacht und Nebel den Mut endlich fasst, den schlafenden Ehemann zu ermorden, um sich zu befreien. Die Ideologie, die dabei bemüht wird, ist weiterhin die von den prinzipiell gewaltfreien Frauen, die gewalttätig nur werden, um sich zu wehren und um zu überleben. Daran soll nicht gerüttelt werden und jeder Mord durch Frauen soll aus diesem Grunde unter dem Aspekt der Mitgliedschaft am weiblichen Opferkollektiv gefiltert werden. Eigentlich müssten Männer erschrocken auf diese Strafrechtsreformen reagieren. Aber weil sie Beschützer bleiben wollen, denken sie über die Zementierung der polarisierenden Ideologie nicht lange nach. Sie wollen nicht nur, wie bislang, Frauen körperlich beschützen, sondern auch deren Wohlgefühl zukünftig garantieren. Das ist ein Symptom gewandelter Männlichkeit jenseits der „Brotverdienerrolle“. Deshalb blieb das damals wie heute unwidersprochen. Wenn von Frauen ein partnerschaftlicher Konflikt als psychisch so unzumutbar empfunden wird, dass er zwar nicht zum körperlichen Tod, sondern „aus […] Sicht [dieser Frauen] zu einer Psychose führen“ würde, dann sollte diesen Frauen vorab Straffreiheit für den »lebenserhaltenden Gattenmord« gewährt werden.
Der Opferstatus ist weiblichIm Sinne der Täter-Opfer-Ideologie meinte die Autorin damals: »Aus psychologischer Sicht, kann diesen Menschen zweifellos ein Opferstaus zuerkannt werden.« Der Opferstatus, der qua Definition primär weiblich ist, legitimiert demnach zum Töten aus eigenem Ermessen. Die Tötung des Gatten sei deshalb rechtlich freizugeben. Aus Gesprächen mit verurteilten Mörderinnen leitet sie ab, dass diese »[…] den Kampf entweder aufgeben und […] von der Krankheit überwältigt [werden], oder sie unternehmen in letzter Minute einen verzweifelten Versuch, die Psychose abzuwehren. Der Gewaltakt dient der Abfuhr überwältigender Aggressionen; das heißt, die Tötung wird hier als Schutz vor der Gefahr einer psychischen Auflösung verübt.« Ermordung des Mannes als Rettung der eigenen Haut!
Aus: Gerhard Amendt – Von Höllenhunden und Himmelswesen. Plädoyer für eine neue Geschlechterdebatte, Ikaru Verlag 2013 (gekürzt und geringfügig überarbeitet)