Zu diesem Thema schreibt Arne Hoffmann in „Cuncti“
Die Resonanz der von Ilse Lenz und Hinrich Rosenbrock für die Heinrich-Böll-Stiftung verfassten Kampfschrift, die zwanghaft versuchte, weite Teile der Männerbewegung mit dem Lager der radikalen Rechten zusammenzubringen, war vernichtend. Vor allem in Fachkreisen gab es ein ungläubiges Kopfschütteln darüber, was der Öffentlichkeit da allen Ernstes als „wissenschaftliche Untersuchung“ angedreht werden sollte.
Das Blog „Kritische Wissenschaft“ war so entsetzt über diesen Schwindel, dass es in einer Reihe von Beiträgen ausführlich erklärte, inwiefern die Schrift von Ilse Lenz und Hinrich Rosenbrock selbst minimalen wissenschaftlichen Grundvoraussetzungen nicht genügt. In einem lesenswerten vierten Beitrag verdeutlichte die Bildungsforscherin Dr. Heike Diefenbach ihre Fassungslosigkeit über diesen Versuch, Ideologie als Wissenschaft auszugeben:
Wie UNENDLICH MÜDE einem diese Clownerien der Böll-Stifung machen! Dieses bis in die Absurdität gesteigerte Ausmass an Trotz erinnert mich an einen Zweijährigen, der, wenn er nicht bekommt, was er will, so lange schreit, bis er rot anläuft und an der Folgen der eigenen Hysterie zu ersticken droht.
(…) So ist die Kritik, die auf diesem Blog geäußert wurde, dass der Text von Herrn R. in keiner Weise ein wissenschaftlicher Text ist, schon deshalb berechtigt, weil der Text von Herrn R. eben insofern keinerlei wissenschaftlichen Standards genügt: Er hat eine intuitive, von keinerlei methodischen Überlegungen im Vorfeld geleitete Vorgehensweise bei der Auswahl seines Datenmaterials und seiner Interpretation desselben gewählt. Das kann jede/r. Das ist nicht Wissenschaft. Und in aller Klarheit muss festgehalten werden, dass es hierüber nichts zu diskutieren oder zu verhandeln gibt. KEINE mir bekannte wissenschaftliche Schule verzichtet auf eine intersubjektive Nachvollziehbarkeit von Vorgehensweisen oder Interpretationen. Natürlich kann man auf diesen Anspruch verzichten, aber dann spricht man in Zungen, stellt sich jedenfalls außerhalb jeder Wissenschaft.
Ich fühle seit mehreren Tagen das tiefe Bedürfnis, mich bei allen meinen ehemaligen Studierenden und Absolventen dafür zu entschuldigen, dass ich jemals irgendwelche Maßstäbe und Erwartungen an ihre wissenschaftlichen Arbeiten angelegt und sie entsprechend bewertet habe. Wie ich sehe, habe ich sie ungerecht behandelt, denn akademische Titel werden offensichtlich auch für Textsorten vergeben, die nicht den rudimentären Ansprüchen an wissenschaftliche Texte genügen, sondern bei denen es sich lediglich um ideologische Abhandlungen handelt.
Vor diesem Hintergrund stellt sich sehr die Frage, ob die Gender-Studien, wenn sie ideologisierte Glaubensbekenntnisse und eine Häufung von Ad-personam-Attacken auf seriöse Forscher als wissenschaftliche Leistung ausgeben, nicht zuallererst ihren eigenen Fachbereich demontieren. Trägt ein solcher Propagandafeldzug nicht massiv dazu bei, dass wenn immer in Zukunft eine „wissenschaftliche Veröffentlichung“ oder ein akademischer Abschluss im Bereich der Gender-Studien vorgelegt wird, die Menschen außerhalb dieses Fachbereichs zu kichern beginnen: „Na, EURE Standards für Wissenschaftlichkeit kennt man ja spätestens seit der ‚Rosenbrock-Expertise‘! Da kann man auch gleich Erich von Däniken für den Nobelpreis vorschlagen.“
Sobald man dieses Spektakel allerdings als gewaltige Medienaktion wahrnimmt, wird es aus medienwissenschaftlicher Sicht interessant. Hierzu muss man wissen, dass in der Medienforschung schon seit einiger Zeit folgendes Problem diskutiert wird: Vielen Journalisten fehlt die wissenschaftliche Vorbildung, um jenseits ihrer eigenen Fachbereiche (z. B. Germanistik und Publizistik) erkennen zu können, ob eine als wissenschaftlich ausgegebene Veröffentlichung tatsächlich den Kriterien genügt, die an solch einen Text normalerweise gestellt werden, oder ob es sich in Wahrheit um Pseudowissenschaft handelt. Oft genug wird ungeprüft übernommen, was lediglich akademisch genug daherkommt. Nun gut, mag da mancher sagen: Das kann man Journalisten nicht vorwerfen. Niemand darf erwarten, dass sich jeder Journalist in den unterschiedlichsten Fachbereichen und bei den verschiedensten Themen auskennt. Eigentlich ist der Journalist das Opfer, wenn er auf diese Weise instrumentalisiert wird.
So einfach ist es aber nicht. Ein Journalist, der so arbeitet, verletzt auf eklatante Weise grundlegende ethische Regeln seines eigenen Berufsstandes.
„Wir haben keine Fragen gestellt!“ ist ein Artikel Marjan Parvands zu diesem Problem überschrieben. Darin macht Parvand sich und ihren Kollegen schwere Vorwürfe: „Wir haben uns gemein gemacht und eines der höchsten Güter unseres Berufs aufgegeben: die Unabhängigkeit. Es ist die Aufgabe des Journalisten zu zweifeln. Es ist die Aufgabe des Journalisten immer wieder seinen eigenen Standpunkt und die seiner Gesprächspartner in Frage zu stellen. Es ist die Aufgabe des Journalisten andere Perspektiven und Blickwinkel zuzulassen. Erst so kann er der Wahrheit ein wenig näherkommen.“
Dieser Artikel hat mit der Geschlechterdebatte wenig zu tun. Er erschien im MiGAZIN zum Thema der angeblichen „Dönermorde“: Über lange Zeit hinweg übernahmen Journalisten komplett unkritisch die offizielle Darstellung über Verbrechen, die als Kleinkrieg von Migranten untereinander präsentiert wurden, bis sie sich schließlich als Mordserie von Rechtsradikalen herausstellten. Die angeprangerten Journalisten begingen den Grundfehler, das, was ihnen entsprechend verkauft worden war, nicht kritisch zu beleuchten und auch die andere Seite ausreichend zu Wort kommen zu lassen. So wurde die Berichterstattung über angebliche „Dönermorde“ zu einem der größten Medienskandale 2011.
Leider sind viele Journalisten nicht besonders lernfähig. Denn im Fall der vermeintlichen „Rosenbrock-Expertise“ lief genau dasselbe Schema ab. Die andere Seite wurde NICHT gehört. Die angefeindeten Männerrechtler erhielten KEINE Gelegenheit, sich gegen die Vorwürfe zu verteidigen. Es war sogar dermaßen voraussehbar, dass dieses Schema ablaufen würde, dass die Veranstalter des Rosenbrock-Spektakels sich kaltblütig darauf verlassen konnten. Auch eine Schrift, die Wissenschaftlichkeit nur vortäuscht, muss ja erst einmal aufwendig geschrieben werden. Diese Mühe hätte man sich gespart, wenn man sich gedacht hätte: Und was wenn die Journalisten das Ganze kritisch unter die Lupe nehmen und Gegenstimmen einholen? Nein, man konnte sich in aller Seelenruhe darauf verlassen, dass sich Journalisten diese Mühe ersparen.
Und eben deshalb ist der Schwindel, der mit dieser Kampfschrift betrieben wird, nicht nur ein wissenschaftsethischer, sondern auch ein journalistischer Skandal. Und wenn wir möchten, dass so etwas nicht immer wieder passiert, sollte man einmal klar benennen, welcher Journalist bzw. welche Redaktion sich hier enorme Schludrigkeit hat zuschulden kommen lassen.
An erster Stelle steht hier Heide Oestreich in der taz. Ihr Interview beginnt gleich mit der Frage: „Herr Rosenbrock, die antifeministischen Männerrechtler sind ein paar Querulanten, die einen Hass auf Frauen haben. Warum interessieren Sie sich dafür?“ und wird von da ab schlechter. (Man stelle sich eine analoge Frage vor wie: „Herr Sarrazin, die Muslime sind ein paar Terroristen, die einen Hass auf alle Ungläubigen haben. Warum interessieren Sie sich dafür?“) Dass die „taz“ bei ihren Beiträgen mehr Phantasie als Aufklärung walten lässt, ist keine Überraschung. Marina Weisband, bis April die Geschäftsführerin der Piratenpartei, beschrieb kürzlich ihre eigene Erfahrung mit diesem Blatt:
Ich habe einer Reporterin von der taz, die bei mir zuhause war, über eine halbe Stunde lang mein ideales Schulsystem vorgeführt. Ich habe erklärt, warum ein Kurssystem und individuelles Lernen immer wichtiger für die Entwicklung wird. In ihrem Artikel kam kein Wort darin vor. Dafür eine frei erfundene Geschichte, wie ich mal einen Bundesparteitag mit einer Episode von ‚My little pony‘ unterbrochen hätte.
Offenbar gehen bei der „taz“ seriöser Journalismus und phantasievolles Märchenerzählen inzwischen wild durcheinander.
Auf Oestreichs Artikel folgte Der Standard, eine linksalternative Zeitung aus Österreich. Für diesen Artikel wurde die Reklame des Gunda-Werner-Instituts für Rosenbrocks Kampfschrift lediglich ein wenig umgeschrieben. Die eigene journalistische Leistung lag bei null. Infolgedessen erscheint auch kein Autorenname unter dem Artikel.
Auch das Neue Deutschland, hier in Gestalt von Zoé Sona, gibt vollkommen unkritisch wieder, was ihm in den Block diktiert wurde. Wenn man den Namen dieser Journalistin googelt, stößt man auf der linken Website Steinberg Recherche schnell auf die Schlagzeile Die Journalistin Zoé Sona ist sehr umstritten, gefolgt von der Anmerkung: „Die taz findet, daß Zona einen Artikel schreiben kann. Leser dagegen finden, daß sie nicht einmal den Namen eines der darin genannten Kontrahenten schreiben kann. Sie sagen sogar, Sona schreibe gar nicht darüber, worum sich die Gegner streiten, sondern nur darüber, wie die einen Gegner die andern beschimpfen.“ War zwar ein völlig anderes Thema, passt aber auch in diesem Fall wie die Faust aufs Auge. Von Zoé Sona stammen im übrigen Artikel wie Zurück zur Grrrl-Front für Blätter wie die Jungle World. Da wundert man sich dann nicht mehr, wie leichtfertig feministische Propaganda hier in einen Nachrichtenbeitrag umgestrickt wird.
Ebenfalls komplett unkritisch übernimmt ein anonymer Autor des Deutschlandradio die Inhalte von Rosenbrocks Kampfschrift. Beim Deutschlandradio hat man offenbar aus vergangenen Erfahrungen wenig gelernt: Im Zweifel nicht näher überprüfen, solange es nur gegen Männerrechtler geht.
Irritierender ist es schon, dass ein zwar bei einigen Konservativen als „Rotfunk“ verschrieener, im großen und ganzen aber durchaus renommierter Sender wie der WDR jemandem wie Hinrich Rosenbrock ein Podium gibt, und auf die Darstellung der Gegenseite gänzlich verzichtet. Die goldene Schlafmütze geht in diesem Fall an den Moderator Achim Schmitz-Forte. Das Gespräch wird hier näher analysiert.
Ein Interview mit Rosenbrock gab es auf SWR2 Kultur, eingebettet zwischen Ravel und Rachmaninov. Die verantwortliche Moderatorin dürfte Sonja Striegl sein.
Beim Bayrischen Rundfunk ist Elisabeth Veh journalistisches Versagen vorzuwerfen. Der ehemalige MANNdat-Vorsitzende Dr. Eugen Maus fand hierzu einige klare Worte.
Und schließlich interviewte Tina Groll Hinrich Rosenbrock für die „Zeit“. Auch Tina Groll scherte sich nicht weiter darum, dass das, was Rosenbrock als Wissenschaft ausgibt, einer kritischen Überprüfung nicht standhält; auch Tina Groll ließ die angegriffene Seite erst gar nicht zu Wort kommen. Zahllose fassungslose Leserkommentare unter dem „Zeit“-Artikel wurden schleunigst gelöscht. Groll selbst scheint indes klar zu sein, auf welchem dünnen Eis sie sich bewegt, wenn sie schreibt „der Artikel ist aus juristischen Gründen allgemein und mit vielen Relativierungen verfasst“. In der Tat drängt sich beim Lesen des Artikels der Eindruck auf, eine Verleumdung der Männerrechtsbewegung solle so geschickt formuliert stattfinden, dass der kursorische Leser den Eindruck erhält, es mit rechtsradikalem Pack zu tun zu haben, während es nur schwer möglich ist, gegen die perfide feinsinnigen Formulierungen juristisch vorzugehen.
Wo Tina Groll als „Zeit“-Journalistin mit den einfachsten Elementen der kritischen Gegenrecherche von Behauptungen, die ihr Interviewpartner aufstellt, überfordert scheint, gelingt ihren Lesern diese Gegenrecherche binnen weniger Minuten. So heißt es in zwei kritischen Kommentaren, die bei der Löschorgie offenbar übersehen wurden:
Die Seiten von Agens geben nicht viel her, die von MANNdat hingegen sind sehr informativ. Da bin ich ein wenig stöbern gegangen und plötzlich wusste ich, weshalb Herr Rosenbrock – vollkommen berechtigt – Angst vor einer Klage hat, wenn er diesen Verein in die Nähe der Rechtsradikalen rückt. So fand ich ein „Tagebuch eines Totalverweigerers“, geschrieben von einem Mitglied der Linksjugend Solid, von der ich seit gestern weiß (Artikel in Konkurrenzblatt zur Finanzierung der Parteinachwuchsorganisationen), dass er wegen seiner Linkslastigkeit vom Verfassungsschutz überwacht wird (wobei ich nicht weiß, ob das 2008 schon der Fall war, als dieses Tagebuch entstand). Und ich fand einige Petitionen, die eine bessere Bildungsbeteiligung für Migranten zum Ziel hatten. Man kann sicherlich viel über den Verein sagen. Dass er aber rechts sei oder gar in die Nähe der Rechtsextremen gehört, betrachte ich als böswillige Unterstellung mit gravierenden Folgen.
Als jemand, der aktiv gegen Rechtsextremismus kämpft, ärgert es mich gewaltig, dass man immer gleich zu dieser Aussage greift, um andere zu diffamieren. Dabei verwässert man diesen Begriff und jene, die tatsächlich rechtsextremen Gedanken anhängen, profitieren davon. Es stellt sich mir hier eher die Frage, ob Herr Rosenbrock einer sachlichen Diskussion auf diese Weise aus dem Weg gehen will, denn seine Behauptung „Sie wollen sachliche Diskussionen über Gleichstellung behindern, aber sie bieten keine alternativen Rollenbilder für Männer an.“ ist ebenfalls so nicht richtig, denn der Verein hat auf seinen Seiten einen Katalog „Was wir wollen“ mit 30 ganz konkreten Forderungen, die bereits Lösungsansätze enthalten und weder rechts sind, noch altertümliche Rollenmodelle favorisieren.
Und ja, es gibt tatsächlich Diskriminierungen für Männer in diesem Land. Darüber muss man diskutieren und Lösungen finden. So eine pauschale und wahrheitswidrige Verunglimpfung ist da alles andere als hilfreich und ich bin entsetzt, dass „meine“ Welt sich an so einem, in meinen Augen unseriösem Journalismus beteiligt.
Auch andere Leser sind von dieser Form des Journalismus entsetzt. Einer schrieb der „Zeit“-Chefredaktion deshalb einen offenen Brief.
Ich zitiere hier gerne ein zweites Mal Marjan Parvand: „Wir haben uns gemein gemacht und eines der höchsten Güter unseres Berufs aufgegeben: die Unabhängigkeit. Es ist die Aufgabe des Journalisten zu zweifeln. Es ist die Aufgabe des Journalisten immer wieder seinen eigenen Standpunkt und die seiner Gesprächspartner in Frage zu stellen. Es ist die Aufgabe des Journalisten andere Perspektiven und Blickwinkel zuzulassen. Erst so kann er der Wahrheit ein wenig näherkommen.“
Zu diesen Grundlagen journalistischer Ethik ließ sich Tina Groll nicht bekehren. Nachdem AGENS sie dazu aufforderte, eine Gegenposition zu Rosenbrocks Verunglimpfung zu Wort kommen zu lassen, lehnte Groll rundweg ab. Das mediale Trugbild durfte auf keinen Fall wanken. Wäre Tina Groll statt Journalistin Richterin geworden, hätte sie sich die Anklage interessiert angehört und die Verteidigung von Anfang an des Saales verwiesen. „Zeit“-Leser, die glauben, aufklärende Informationen zu erhalten, werden stattdessen indoktriniert.
Besonders pikant ist, dass diese von mehreren Journalisten begleitete Kampagne gegen eine Minderheit an Bürgerrechtlern von einer Stiftung ausging, die sich nach dem großen deutschen Schriftsteller Heinrich Böll benannte. Böll jedoch war alles andere als einer, der immer mit dem Strom schwamm. In Artikeln wie „Will Ulrike Gnade oder freies Geleit?“ legte er sich sogar mit fast der ganzen Republik an, um mit den RAF-Terroristen eine Minderheit zu verteidigen, die im Unterschied zu den Männerrechtlern aus echten Gewalttätern bestand. Und in seiner Erzählung „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ beschrieb er die Mechanismen der „ZEITUNG“, die eine vollkommen unschuldige Frau zur „Terroristenbraut“ erklärte: einer Brandmarkung, die in den siebziger Jahren ähnlich sozal vernichtend war wie im Jahr 2012 die Behauptung, jemand sei offen gegenüber dem Rechtsextremismus. Natürlich war der von Böll gezeichnete schmierige „ZEITUNG“-Reporter Tötgen dabei geschickt genug, jedesmal so feinsinnig zu formulieren, dass seine Hetze juristisch kaum angreifbar war.
Auch für dieses Buch, wie schon für frühere Veröffentlichungen, erhielt Heinrich Böll von mehreren Seiten massive Prügel. Selbst der spätere Bundespräsident Karl Carstens (CDU) richtete an alle Deutschen den Appell: „Ich fordere die ganze Bevölkerung auf, sich von der Terrortätigkeit zu distanzieren, insbesondere den Dichter Heinrich Böll, der noch vor wenigen Monaten unter dem Pseudonym Katharina Blüm ein Buch geschrieben hat, das eine Rechtfertigung von Gewalt darstellt.“ Diese Kombination aus moralischer Ereiferung und absoluter Unkenntnis der Zusammenhänge hatte fast schon rosenbrocksche Qualität.
Die von Böll so glänzend skizzierten Tötgens, also Journalisten, die einer heißen Schlagzeile zuliebe bedenkenlos unschuldige Menschen fertigmachen, gibt es auch heute noch, allerdings nicht mehr nur in der von Böll kritisierten Boulevardpresse. Inzwischen arbeiten sie bei der „taz“ und der „Zeit“. Gäbe es einen Tötgen-Preis 2012, dann dürften Tina Groll & Co. sich die dazugehörige Urkunde über ihr Bett hängen. Die Heinrich-Böll-Stiftung allerdings begeht, wenn sie genau jene Mechanismen zum Einsatz bringt, gegen die Heinrich Böll selbst immer angeschrieben hat, einen Akt von Leichenschändung, der beispiellos ist.
Obwohl viele Journalisten glänzende Arbeit leisten, haben die Medien bei vielen Bürgern inzwischen einen ausgesprochen schlechten Ruf. Schuld daran sind die „faulen Früchte“ im Obstkorb: Wer in ein oder zwei dieser Früchte hineingebissen hat, wird schnell so angewidert sein, dass er um den gesamten Korb einen Bogen macht. Sinnvoller könnte es sein, auf die „faulen Früchte“, also hier die recherchefaulen Journalisten, öffentlich aufmerksam zu machen. Wenn Tina Groll & Co. eine derart miserable Arbeit abliefern, dass Rechtsextreme auf dieser Grundlage eine satte Ernte einfahren können, dann gehört es zu den Aufgaben gerade des linken Flügels der Männerrechtsbewegung, darauf aufmerksam zu machen und die Namen derjenigen zusammenzutragen, die hier derart versagt haben – damit die Leser und Zuhörer bei zukünftigen Erzeugnissen dieser Leute ahnen können, wie es um deren Qualität bestellt ist.