Im Juli von 2011 hat der AGENS e.V. mit der Aktion 400 am Brandenburger Tor auf das Schicksal der Scheidungskinder in Deutschland aufmerksam gemacht und im Jahr 2013 eine Arbeitsgruppe Trennungskinder gegründet.
Ziel
AGENS hat sich als Ziel gesetzt, Verantwortliche in Politik, Gerichten und Behörden auf die frappierenden Missstände in der deutschen Familienpolitik, die sich in den Schicksalen von Millionen Trennungskindern widerspiegeln, aufmerksam machen.
Familiäre Situation von Kindern
Die allgemeine Situation von Kindern unter 18 in Familiensituationen seit 1996 zeigt Bild 1:
Quelle: Bevölkerung und Erwerbstätigkeit, Haushalte und Familien, Statistisches Bundesamt, 2012, Grafik: AGENS e.V.
Absolut gesehen gab es 2012 2,23 Millionen Trennungskinder unter 18 Jahre, von denen 90,6% bei der Mutter wohnten. Der Anteil von Trennungskindern unter 18 Jahre in der Kinderbevölkerung stieg seit 1996 von 11,9% auf 17,3% in 2012. Um zu einer bildlich vorstellbaren Zahl zu gelangen, haben wir zunächst folgende quantitative Abschätzung vorgenommen: Auf Basis der Zahlen von 2006 sind wir davon ausgegangen, dass durch Ehescheidungen alleine jeden Tag ca. 400 Kinder von einem Elternteil getrennt werden, mindestens 10% davon unter hoch konflikthaften Bedingungen.
Dabei haben wir aus Gründen der statistischen Genauigkeit Trennungskinder nicht verheirateter Trennungseltern außer Acht gelassen. Bis 2015 war die Zahl schon auf etwa 525 Kinder pro gerichtlichen Arbeitstag angewachsen (ohne nichteheliche Kinder), Tendenz weiter steigend (Quelle: Statistik der rechtskräftigen Beschlüsse in Eheauflösungssachen, Statistisches Bundesamt 2016; 251 Arbeitstage im Bundesdurchschnitt).
Die Psychotherapeutin Astrid von Friesen beschreibt die seelische Situation von Trennungssituation aus Sicht eines Trennungskindes.
Psychosoziale Auswirkungen
AGENS sieht in dieser Entwicklung einer der gravierendsten Symptome des Zerfalls der sozialen Bindeglieder in unserer Gesellschaft, vornehmlich der Beziehung der Geschlechter zueinander. Mit einer ideologisierten Politik des sog. Gender Mainstreaming und der „Diversität der Lebensformen“, werden Beziehungs- und Familienkonflikte und schließlich auf dem Rücken der Schutzlosen – unserer Kinder ausgetragen. Hier eine Darstellung der soziopsychologischen Folgen des Robert Koch Instituts (Bild 2):
Einzelne Angaben zu den erhöhten Gesundheitsrisiken finden sich bspw. in Präsentation (PDF) –psychosomatische Langzeitfolgen. Diese Folgen für unsere Gesellschaft sind verheerend und werden weitgehend durch eine frauenorientierten Gleichstellungspolitik tabuisiert. Die Ausmaße dieser Entwicklung werden deutlich aus den wissenschaftlich erforschten Langzeitfolgen der Elterntrennung, unterschiedlich aufgeteilt nach Trennungskindern im Schulalter und Heranwachsenden: So leiden Trennungskinder erwiesenermaßen verstärkt an: Übergewicht, Tabak-, Alkohol-, Drogenabhängigkeit, Insomnie, somatoformem Schmerz, emotionalen Problemen, Verhaltensproblemen, Unaufmerksamkeit/Hyperaktivität, Problemen mit Gleichaltrigen und geringem prosozialen Verhalten.
Diese Auffälligkeiten gelten (in unterschiedlichem geschlechtsspezifischem Ausmaße) auch für Patchworkfamilien (in der Regel Stiefvater und Mutter – vgl. Bild 2). – Besonders dramatisch stellt sich die Situation der ADHS-Kinder dar, die zu ca. 41% Trennungskinder sind. Von diesen ca. 600.000 minderjährigen Kindern erhalten 50% schwere Psychostimulanzien (BARMER GEK Ärztereport 2012; vorwiegend Methylphenidat, als „Ritalin“ bekannt). Bei Heranwachsenden wirken diese Fehlentwicklungen weiter in Form u.a. der erhöhten Suizidrate, Kriminalität, Depression, Burnoutsymptome und letztendlich der transgenerationalen Fortpflanzung der gleichen Beziehungsproblematik und entsprechenden Auswirkungen auf die Kinder (und Erwachsenen) von morgen.
Auch international ist mittlerweile bewiesen, dass Trennungskinder erhöhten gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt sind und teilweise zeit Lebens unter den Folgen ihres Schicksals zu leiden haben. Entsprechend groß ist der volkwirtschaftliche Schaden, der bspw. in Großbritannien jährlich auf £44 (€54) Mrd. (Relationships Foundation, 2012) geschätzt. Deutsche Schätzung: rd 80 Mrd. per anno (s. Infobox, Pkt.1 am Schluss).
Weitere Folgen sind u.a. eine 3 bis 5-fache Gefahr für Suizid, Kriminalität, Schulabbruch und Frühschwangerschaft. In einer Langzeitanalyse zeigten Wallerstein, Lewis & Blakeslee (Die Kinder tragen die Last, 2002), dass erwachsene Scheidungskinder im Vergleich zu anderen folgende Merkmale aufwiesen: mehr Depressionen, eine schlechtere Gesundheit, weniger Zufriedenheit, eine/n schlechtere Ausbildung / Berufsstand. Sie betrachten ihre Kindheit und Jugend als unglücklichste Zeit. Die Folgen der Scheidung ziehen sich oft durchs ganze Leben, s. auch Infobox, Pkt.2.
Politik
Diese Jahrzehnte lange Entwicklung zeigt deutlich auf: in der Justiz, bei Politikern und Jugendämtern und in den Familienministerien herrscht weitgehend Unwissenheit und somit Inkompetenz. Schon in der Krippenpolitik wird dies deutlich: über Betreuungsgeld und Krippenplätze für die 0-3jährigen Kinder wird diskutiert, obwohl eindeutige Hinweise aus der Forschung zu lesen sind, dass Kleinkinder durch diese Betreuungsform gesundheitliche Schäden nehmen. Auch fehlt in der Gesetzgebung weitestgehend eine Berücksichtigung des von Psychologen und Psychiatern längst bekannten und nun offiziell kategorisierten (DSM5) elterlichen Entfremdungssyndroms (PAS).
Unsere Forderungen an die Politik lauten: Bewusstmachen der seelischen Situation der hunderttausenden von Trennungskindern in der Öffentlichkeit und der Trennungsfolgen für die Volkswirtschaft.
Volkswirtschaftliche Trennungsfolgen
Bei geschätzten 200.000 konfliktbehafteten Trennungen und Scheidungen pro Jahr und einer mittleren Streitdauer von 20 Jahren sind jährlich etwa vier Millionen Väter betroffen. Das Armutsrisiko dieser Männer steigt mit der Anzahl der Kinder dramatisch an. So ergibt sich jährlich eine Zahl von ca. 1,5 Millionen Männer, die aufgrund von Unterhaltszahlungen in dauerhafte Armut stürzen.
Das ist die Basis für folgende Rechnung, bzw. Schätzungen: Ca 40.000 € brutto Jahresgehalt verdient ein Leistungsträger der Gesellschaft im Durchschnitt. Die meisten davon sind Familienväter, da Frauen vor allem erfolgreiche Männer als Partner bevorzugen. Wenn nun, wie oben dargelegt, etwa 1,5 Millionen Männer den Weg vom Leistungsträger zum Leistungsempfänger gegangen sind, dann entsteht unserer Volkswirtschaft ein Verlust von ca. 60 Milliarden € pro Jahr. Dazu addieren sich die Kosten für die staatliche Fürsorge und die Krankheitsfolgekosten. Bei ca. 1.000 Euro Fürsorgekosten und ca. 200 Euro Gesundheitskosten monatlich pro Betroffenem, ergeben sich weitere Kosten von ca. 20 Milliarden € pro Jahr. Addiert man beide obigen Beträge, kommt man auf 80 Milliarden € pro Jahr (grobe Schätzung) an volkswirtschaftlichen Folgekosten.
Die Ausgrenzung der Väter aus den Familien erzeugt weitere Kosten: Ihre Betreuungsleistungen müssen nämlich nun von anderen übernommen werden – von den „Freien Trägern der Wohlfahrtspflege“. Das sind dann weitere Folgekosten, die schwer zu schätzen sind. Nur ein Hinweis: die Trägervereine setzen über 100 Milliarden Euro jährlich um. Das Geld stammt weitgehend aus Steuergeldern und Beiträgen der Kranken– und Rentenkassen. (Aus dem Buchbeitrag von Peter Tholey in „Schlagseite – MannFrau kontrovers, Kotz Verlag 2011)
Psychosoziale Folgen der Trennung für die Kinder
Pro Gerichtstag erhöht sich die Zahl der Scheidungskinder um 400. Davon haben über 60% nach einem Jahr keinen Vaterkontakt mehr. Die Paar- und Traumtherapeutin Astrid von Friesen interviewte Psychoanalytiker Dr. Katterle über seine klinischen Erfahrungen mit Trennungskindern. Hier seine Aussagen:
Aufwachsen der Kinder:
- 30% in nicht ehelichen Verhältnissen
- 25% in 1-Eltern-Familien (85% bei der Mutter)
- 50% aller Väter verlieren den Kontakt (nach 2 Jahren)
- Daten aus USA: Vaterlosigkeit bei
- 90% aller jugendlichen Straftäter
- 90% aller Ausreißer und obdachlosen Kinder
- 85% aller jugendlichen Häftlinge
Kinder mit Elterntrennung (und Vaterlosigkeit) (im Vergleich zu „normalen“ Familien):
- Suizidrate 5-fach höher
- Drogenrate 10-fach höher
- Kriminalitätsrate 20-fach höher
- Schulabbruch 3-fach höher
- Mädchen: Teenagerschwangerschaften: 5-fach höher
Notiz: In Fachkreisen wird in letzter Zeit die Vaterlosigkeit von Selbstmordattentäter diskutiert.