„Die Quotenfalle“: Gegen die Emanzipation von oben

Zu dem Buch „Die Quotenfalle“/1/, Mitautor: Eckhard Kuhla, erschien in Novo Argumente eine Rezension/2/, die im Folgenden nachzulesen ist

GEGEN DIE EMANZIPATION VON OBEN

Ein neues Buch zeigt, wie die staatliche Gleichstellungspolitik das Prinzip der Leistungsgerechtigkeit verletzt und vor allem privilegierten Schichten nützt.

Das Prinzip der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen erscheint in unserer Gesellschaft mittlerweile als selbstverständlich. Es erregt heute keinen Anstoß, dass Frauen führende Industriestaaten regieren. Im Lebensalltag normaler Bürger gestalten sich die Beziehungen der Geschlechter zueinander bereits seit so vielen Jahren und in dermaßen vielen Fällen auf Augenhöhe, dass dieser erfreuliche Umstand niemandem mehr wirklich auffällt. Im Windschatten dieses der Gleichberechtigung gegenüber aufgeschlossenen Gesellschaftsklimas hat sich in den letzten Jahrzehnten jedoch eine fadenscheinige „Genderpolitik“ etabliert. Sie läuft nicht nur dem zwang- und tabulosen Zusammenspiel der Geschlechter zuwider. Sie untergräbt obendrein die rechtsstaatlichen und demokratischen Grundlagen unseres freiheitlichen Gemeinwesens.

Gegen diese Entwicklungen positionieren sich die Autoren des lesenswerten Sammelbandes „Die Quotenfalle“. Das von den Akademikern und Publizisten Harald Schulze-Eisentraut, Torsten Steiger und Alexander Ulfig herausgegebene Buch nimmt die Schattenseiten einer lebensfremden und nur vorgeblichen Antidiskriminierungspolitik unter die Lupe. Die 21 Autoren des Buches argumentieren dabei aus einer teils eher linken sozialdemokratischen, teils eher liberal-konservativen Perspektive und lassen sich insgesamt keiner einheitlichen politischen Strömung zuordnen. Gemeinsam ist ihnen jedoch ein zumeist liberaler und aufklärerischer Grundzug: Sie prangern eine Politik an, die eine bürokratische und dogmatische Bevorzugung elitärer Interessengruppen forciert.

„Die Autoren prangern eine Politik an, die eine bürokratische und dogmatische Bevorzugung elitärer Interessengruppen forciert.“

Statt ungleiche Lebenschancen zu beheben, verletzt die angebliche Antidiskriminierungspolitik unserer Tage nämlich in mittlerweile sämtlichen Bereichen unserer Gesellschaft das Prinzip der Leistungsgerechtigkeit – sowohl im politischen und kulturellen als auch im beruflichen Leben. Mehrere Aufsätze des Bandes kritisieren starre Quotenvorgaben, die verhindern, dass individuelle Leistungen und individuelle charakterliche Eigenschaften als Kriterium der Personalpolitik herangezogen werden. Stattdessen entsteht zunehmend ein pauschaler Lebenschancen-Zuteilungs-Mechanismus, der sich an bürokratisch abhakbaren Kennziffern orientiert. Das führt dazu, dass innerhalb von Firmen – aber auch Kultureinrichtungen und sogar politischen Parteien – die unvoreingenommene Interaktion der Beteiligten gestört wird. Dabei wird nicht zuletzt das persönliche Urteilsvermögen der in einer Firma oder Institution agierenden Verantwortungsträger untergraben: Diese gewöhnen sich mehr und mehr ab, unterschiedliche Charaktere und persönliche Qualitäten sowie unterschiedliche Leistungsbeiträge situationsgerecht einzuschätzen und zu nutzen.

Der Sammelband weist obendrein und sehr zu Recht darauf hin, dass die sogenannte „Genderpolitik“ die demokratischen Rechtsprinzipien unseres freiheitlichen Gemeinwesens zersetzt. Eine freiheitliche und demokratische Gesellschaft, die sich an egalitären Prinzipien der Chancengerechtigkeit orientiert, sollte unser Gemeinwesen eigentlich als das Produkt eigenverantwortlich agierender Bürger ansehen, die ein gesellschaftliches Ganzes mitprägen. Dagegen rückt die Gleichstellungspolitik unserer Tage mehr und mehr die Befindlichkeiten zusehends selbstbezogener Sondergruppen ins Blickfeld. Im Zuge der Verfolgung von Interessen, die sich auf „Gender“-Belange beziehen, definiert man sich dabei sogar über rein biologische Merkmale. Als Ergebnis entsteht eine statische Gesellschaft, in der immer neue Anspruchsgruppen auf den Plan treten, um sich von einer – notfalls mittels Gerichtsentscheidungen bedrängten – Bürokratie innerhalb der betroffenen Institutionen ihre Aufstiegs- und Lebenschancen zuteilen zu lassen.

Novo-Redakteurin Sabine Beppler-Spahl, die dem Sammelband einen Beitrag über den entrückten Charakter der heutigen Gleichstellungsbemühungen beisteuert, spricht gar von einer narzisstisch inspirierten „Quote für das Eigenlob“. Es trete eine sich selbst feiernde politische Klasse zum Vorschein, die ein äußerst oberflächliches und ahistorisches Verständnis politischer Freiheitsbewegungen offenbare. Hinter der heutigen Quote stehe – anders als in den Tagen, in denen beispielsweise das Frauenwahlrecht erstritten wurde – kein prinzipielles Eintreten für mehr Demokratie und Gleichberechtigung. Vielmehr entspringe die „Genderpolitik“ dem oftmals karriereorientierten Pragmatismus einer sehr kleinen aber einflussreichen Gesellschaftsschicht, die gut mit der etablierten Politik auf bundesdeutscher und EU-Ebene vernetzt ist. Dem vorliegenden Sammelband ist hoch anzurechnen, dass er nicht zuletzt die unproduktiven Strukturen und Geisteshaltungen eines selbstbezogenen Politikbiotops beleuchtet, das sich vom Rest der Gesellschaft entfremdet hat.

Harald Schulze-Eisentraut,‎ Torsten Steiger &‎ Alexander Ulfig

Die Quotenfalle: Warum Genderpolitik in die Irre führt, FinanzBuch Verlag; Auflage: 1. Auflage (8. Mai 2017).