Autor: Lothar Kopp
Genderdeutsch verhunzt unsere Sprache. Im Folgenden werden einige sprachliche Konstruktionen der mittlerweile sogar verordneten Gendersprache kritisch beleuchtet.
Über das Partizip Präsens
Das Partizip Präsens (studierend, singend, laufend, radfahrend, mitarbeitend oder mithelfend) bezeichnet ein momentanes Geschehen, das seinem Wesen nach gerade abläuft. Das ändert sich auch nicht durch die Substantivierung. Beim Mitarbeiter oder Sänger handelt es sich um einen Status. Das Problem zeigt sich, wenn das Substantiv mit einem Partizip Präsens verbunden wird. Wenn berichtet wird, Mitarbeiter seien im Schlaf ermordet worden, handelt es sich nicht um schlafende Mitarbeitende, sondern um schlafende Mitarbeiter. Niemand kann gleichzeitig schlafen und mitarbeiten. Singende können auch nicht gleichzeitig schlafen! Sänger können schlafen und dann singen. Radfahrende können nur dann gleichzeitig Singende sein, wenn sie auf dem Rad fahrend singen. Bei Radfahrenden ist das Schlafen allerdings lebensgefährlich. Gibt es tote Radfahrende?
Studierende können ebenfalls nicht schlafen und gleichzeitig studieren, was Studenten jedoch sehr wohl können. Schlafend studieren bleibt allerdings noch ein Traum. Denkende Menschen sollten den Unterschied begreifen und verstehen können.
Student ist laut Duden ein Status- bzw. Gattungsbegriff. Medien verwenden weiterhin ganz überwiegend Gattungsbegriffe. Es geht bei der Bezeichnung Studierende, Mitarbeitende oder Mithelfende um misslungene Wortschöpfungen eines bestimmten politischen Milieus, das sich als intellektuelle Elite versteht, welche glaubt, geschlechtergerecht zu formulieren („Frauen sprachlich sichtbar machen“). Explizit schließt man jedoch gegenteilig alle anderen Geschlechter aus, und das ist wirklich diskriminierend, gemessen am Maßstab der Gender-Apologeten sogar rückwärtsgewandt, also reaktionär. In Deutschland manifestieren sich darin die Gegner einer im Volksalltag entstehenden Sprachentwicklung. Über konstruierte Sprache und ihre verpflichtende Benutzung will man nun ein bestimmtes Denken erzeugen. Das Sein bestimmt dann nicht mehr das Bewusstsein, sondern in einer Kehrtwende um 180 Grad soll nun das Bewusstsein das Sein bestimmen: Reziproker Marxismurks.
Sitte, Tradition, Moderne und Feminismus
Generische Begriffe haben als Gattungstermini den unschätzbaren doppelten Vorteil, sowohl alle Geschlechter einzubeziehen als auch genau damit sozial integrativ zu wirken! Diskriminierung betreiben folgerichtig diejenigen, welche die Geschlechter auf lediglich zwei reduzieren, z. B. bei der Anrede „Liebe Kolleginnen und Kollegen“. Ich gestehe jedoch:
Auch ich beginne als Mann eine Rede wegen der anerzogenen Höflichkeit, beruhend auf Sitte und Tradition, stets mit „Sehr geehrte Damen und Herren“. Ist das wegen der impliziten Diskriminierung nicht längst überholt? Nein! Der aktuelle Duden formuliert dazu, „in der persönlichen Anrede“ sei die „feminine und maskuline Anredeform in Ordnung.“ Gut, es bleibt also dabei. Eine Frau könnte dann auch aus Gründen der Höflichkeit analog eine Ansprache mit „Sehr geehrte Herren und Damen“ beginnen. Starke, selbstbewusste Frauen machen das, z. B. die erste Abgeordnete im Reichstag Marie Juchacz oder die frühere Bundesbildungsministerin und spätere Bundestagsvizepräsidentin Edelgard Bulmahn.
Besonders seltsam finde ich, dass viele Feministen, z. B im Sport, von Mädchen- und Frauen-Mannschaften sprechen, denn es gibt doch ganz Duden konform sowohl eine Mannschaft (Herren) als auch eine Frauschaft (Damen). Verpasst der Feminismus (ein Begriff mit männlichem Artikel!) nicht seine Chance in der Moderne, Frauen sichtbar zu machen? Hier wird der ideologische Hintergrund manifest. Daher redet man in diesen Kreisen gerne auch „neudeutsch“ lieber von Teams. Hilft aber nichts, denn ein Team ist eine Mannschaft.
Es besteht auch nicht aus Teamern und Teamerinnen. Eine bestimmte Menschengruppe besteht nicht aus Filmstars und Filmstarinnen oder aus Manager und Managerinnen oder Teenager und Teenagerinnen oder Teacher und Teacherinnen. Ich weiß, schlimmer geht immer. Aber die Bezeichnung Teamer und Teamerin ist dämliches Eindeutschen frei nach dem Motto „am FeministInnenwesen soll die Welt genesen.“ Früher war es mal das deutsche Wesen! Alter Wein in neuen Schläuchen. Typisch deutsche Denke? Links wird zu rechts.
Genderdeutsch sprechen scheitert im Praxistest
Ideologie kennt keine Logik und Logik – das ist die gute Nachricht – kennt keine Ideologie. Da bin ich meinem Lateinlehrer und meiner Deutschlehrerin bis heute dankbar. Sie lehrten uns Schüler Kritik und die Bemühung des eigenen Verstandes, ganz im Sinne des großen deutschen Philosophen Immanuel Kant aus dem ostpreußischen Königsberg.
Auch künftig werde ich daher mein fürs Leben gelerntes Deutsch sprechen und schreiben. Sprache muss nicht nur les-, sondern auch flüssig sprechbar bleiben. Ein sog. Binnen-I- kann man nicht sprechen. Es ist schlicht nicht hörbar, auch nicht durch Überbetonung oder gar künstliche Pausen. Diesen X-, Unterstrich-, Doppelpunkt- oder Sternchenunsinn (ProfessX, Lehrer_innen, Schüler:innen, Dozent*innen) machen meist Leute mit, die jedem Trend der Sprachkonstrukteurinnen hinterherlaufen. Hauptsache, es kann Neues konsumiert werden.
Generische Begriffe
Neulich las ich in einer seriös gemeinten Formulierung im Rahmen einer Ausschreibung den Begriff „Redaktionsmitgliederinnen und -mitglieder.“ Das ist völlig sinnfrei. Früher war nicht alles besser als heute, aber im schulischen Deutschunterricht lernte man noch etwas über das
generische Femininum: die Hebamme, die Berühmtheit, die Person, die Leute, die Fachkraft, die Führungskraft, die Putzkraft, die Koryphäe, die Horde, die Persönlichkeit, die Geisel, die Aufsicht, die Wache, die Waise, die Katze, die Amsel, die Leiche (was wären wohl Leichende?) sowie das
generische Maskulinum: der Bürger, der Mensch, der Buschmann, der Arzt, der Täter, der Student, der Jugendliche, der Polizist, der Helfer, der Star, der Politiker, der Behinderte, der Gärtner, der Feigling, der Typ, der Schweizer, der Lehrer, der Hund, der Vogel und das
generische Neutrum: das Kind, das Vorbild, das Opfer, das Mitglied, das Lebewesen, das Rumpelstilzchen, das Arschloch, das Idol, das Tier, das Pferd, das Federvieh.
Der Plural hat kein Geschlecht
Der Plural kennt gar kein spezielles Geschlecht, denn alle sind nicht nur mitgemeint, wie z. B. beim *, sondern sind faktisch gemeint und angesprochen. Alle sind inkludiert. Niemand wird diskriminiert oder fühlt sich ausgeschlossen. Wir sagen daher alltagssprachlich „lass uns zum Chinesen, Mexikaner, Vietnamesen gehen“ – oder schon mal gehört „wir gehen zur Mexikanerin?“ Der Mexikaner oder der Spanier sind solche generischen Maskulina. Sogar Feministen benutzen sie, ganz ohne Sternchen! Erst die konstruierte sog. geschlechtersensible Sprache schafft es, wie oben im kurios anmutenden „Redaktionsbeispiel“ belegt, sinnlose sprachliche Erfindungen zu produzieren und aus vielen Geschlechtern, wie früher, wieder nur zwei zu machen. Klingelt`s? Mittlerweile gibt es sogar höchstrichterlich eine dritte Variante, nämlich divers, was auch immer das an Geschlechtern sei.
Die Probe aufs Exempel: Wenn über den Schullautsprecher folgender Satz ertönt „Alle Schüler haben heute ab 12 Uhr hitzefrei“, gehen dann die Schülerinnen nicht nach Hause? Oder: Mit die „Freiwilligen“ (in „Freiwillige vor“) sind alle gemeint, auch für die Spezies die „Freiwilliginnen“……..
Zur Sprachästhetik
Was soll Schrift, die nicht sprechbar ist? „Lehrersterncheninnen“ hört sich ziemlich seltsam an. Sprechen kann man das nicht. Und was sollen Zeichen, deren Bedeutung immer erst erklärt werden muss? Zurück zur Zeichensprache mit Unterstrich, Sternchen, BinnenI, sowie /innen ist kein Fortschritt. Oder führen wir demnächst sogar Knacklaute ein, wie in einigen Regionen Südafrikas zu hören? Der Ästhetik unserer Muttersprache sollte wieder mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Warum geben so viele Menschen in unserem vergleichsweise lebenswerten Vaterland unsere schöne deutsche Muttersprache gedankenlos oder ideologisch beeinflusst auf? Gutes Deutsch ist zeitlos und Ausdruck guten Sprachverständnisses. Warum aber konstruieren ausgerechnet Menschen, die sich für progressiv halten, schlechtes Deutsch? Das biologische ist nicht das grammatische Geschlecht. Es handelt sich um unterschiedliche Paar Schuhe. Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen muss man noch nicht einmal Linguistik studiert haben.
Die englische Sprache ist in dieser „gendersensiblen“ Frage einfach und klar: Wenn man den Satz „Students, teachers and managers are learning together“ wörtlich aus dem Englischen korrekt ins Deutsche übersetzt, dann übersetzen „Genderisten“ ihn mit ihrer Zeichensprache immer fehlerhaft, und er wird unnötig lang. Meine Frau, sie ist US-Amerikanerin, möchte nicht mit „Managerin“ angesprochen werden. Sie weiß, dass sie eine Frau ist. Das müssen ihr keine Feminismus-Anhänger oder Gender-Mainstream-Protagonisten belehrend mit dem erhobenen Zeigefinger sagen. Eine „study nurse“ (in einer Londoner Klinik) ist übrigens ein Beispiel für ein generisches Femininum in der englischen Sprache. Es kann sich um eine Frau, einen Mann oder ein ganz anderes Geschlecht handeln.
Hermeneutisches Verständnis, Logik und Differenzierungsvermögen sind gefragt. Grammatik und Biologie, Genus und Sexus, sollten vernunftbegabte Wesen intellektuell auseinander halten können. Man nennt es nicht nur unter Soziologen Differenzierung.
Fazit:
Karl Popper meinte zum Thema Meinungsfreiheit: Wer sie nicht gewährleiste, der habe keinerlei Respekt vor seinen Mitmenschen, fühle sich selbst überlegen, schwinge sich zum Richter über wahr und falsch auf und bringe andere um die Freiheit, sich eine eigene Meinung zu bilden. Wer Meinungsfreiheit nicht gewährleiste sei „ein Feind der Demokratie.“ Wer bestimmte Meinungen oder Schreibweisen vorschreibt oder gar entfernen will, der verhält sich undemokratisch und tut dies offensichtlich aus Mangel an Toleranz und Respekt Andersdenkenden gegenüber. Respekt und Toleranz sind jedoch keine Einbahnstraßen. Gutes Deutsch in Wort und Sinn hilft im Leben mehr als so manch selbst ernannte Weltverbesserer glauben. Worin liegt der Fortschritt, wenn die Muttersprache verkommt? Nicht verordnete Sprachkonstruktionen, sondern freies Sprechen und Mut sind gefragt.