Autor Eckhard Kuhla
Die Anrede in der Doppelnennung „Liebe Kollegen und …….-innen“ ist inzwischen zur Anrede von Otto Normalverbraucher geworden. Nach der klassischen Anrede „Liebe Kollegen“(einschließlich der Frauen!) folgt fast wie selbstverständlich das erlösende „Kolleg‘nen“.Wurden aus den so mit genannten Frauen durch die doppelte Anrede auch mehr gleichberechtigte Frauen? Nein, die über 2000 Gleichstellungsbüros gibt es immer noch und die meisten Bundesbürger üben sich weiterhin fleißig in dem Gebrauch der sogenannten „Gendergerechten Sprache“. Und alle machen mit, auch die Männer. Was ist da passiert?
Das Mitnennen der Frau sollte die „Dominanz“ des Männlichen mit Hilfe der Gendersprache vermeiden, so das Ziel einer kleinen Gruppe der Genderideologinnen.Diese Kunstsprache hat eine erstaunliche Entwicklung hinter sich. Es fragt sich nur, ob sich die Nutzer dieser Sprache im Klaren sind, dass sie mit dem „Gendersprech“ willige „Marionetten“ (Jordan Peterson) der Gender Ideologie werden. sie sind Marionetten, die es zulassen, dass solch verquaste Wortungetüme, wie Leser*innen, Leser/innen, oder LeserInnen unser Bewusstsein zumüllen. Überdies führen ständige Wiederholungen solcher gekünstelten Artefakte allmählich zu einem gewohnten Sprachbild und finden so ungehindert Eingang in unser Bewusstsein. Mit solchen unterschwelligen Manipulationen arbeiten mit Erfolg die Diktaturen: In George Orwell’s „1984“ beispielsweise prägt das „Neusprech“ in einer virtuellen Welt das Handeln der Bürger, heutzutage dringt das politisch korrekte Gendersprech unerkannt in unser Bewusstsein ein: Gehirnwäsche wider Willen.
Die Salamitaktik
Sprache verändert. Sie ist deswegen auch ein Mittel der Agitation.
Die Einführung der geschlechtergerechten Sprache ist ein Paradebeispiel für die Umsetzung eines ideologischen Programms, des Gender Mainstreamings, in zeitlich versetzte Einzelaktionen, Diese Schrittfolge wurden zu Zeiten der 68er Salamitaktik, oder auch Marsch durch die Institutionen, genannt.
Der Marsch begann:
Agitatoren des 1. Schrittes vor Ort waren die „Gleichstellungsbeauftragtinnen“, vor allem in den öffentlichen und kirchlichen(!) Verwaltungen. Sie ermächtigten sich quasi selber, meistens finanziert über Steuergelder, sogenannte Sprachleitfäden zur Gendersprache herauszugeben. In den Folgejahren wurden an fast jeder Uni und in den Amtsstuben Sprachleitfäden verteilt und deren Beachtung „empfohlen“
Der Ritterschlag
Mit dem 2. Schritt geschah das Unglaubliche: aus den vielen Sprachleitfäden entstand ein Duden. Der altehrwürdige Duden-Verlag gab mit dem gelb eingebundenen Buchrücken im Oktober 2017 der Duden „Richtig gendern“ heraus. Damit gewann die Gendersprache gleichsam den Charakter des „Amtlichen“.
Das Gendern wird salonfähig:
Es war ab zu sehen, der 3. Schritt werden „verordnete“ Empfehlungen für die Kommunen sein, erwartungsgemäß wiederum in sukzessiven Schritten. Den Anfang machte das Rathaus in DER Stadt der deutschen Hochsprache: Hannover. Die stolzen Gleichstellungsbeauftragtinnen präsentierten im Januar 2019 im Hannoveraner Rathaus ihre Empfehlung für eine geschlechtergerechte Verwaltungssprache. Mit dieser “Empfehlung“ wurden beispielsweise Herr, Frau, Lehrer, Wähler mit einem Federstrich abgeschafft – und das mit öffentlichen Mitteln. Die Rathäuser in Gießen und Augsburg folgten, andere sind in Diskussion. Es bleibt ab zu warten, ob das Integrieren einer ideologisierten Sprache in die Amtssprache reibungslos abgewickelt werden kann…..
So haben die Gleichstellungsbüros, im Schulterschluss mit den Queergruppen, im Laufe der letzten Jahre in staatstragenden Institutionen die Gendersprache verbreitet. Sie wurde zu einer Art Pflichtübung zum sinnfreien Nachplappern. In praxi kam es denn durch so manchem Redner häufig zum Verschwurbeln der ideologisch bedeutsamen „– innen“ Endsilbe, beispielsweise von Bürgerinnen zu „Bürger‘nnen“
Ein Mehltau liegt über dem Land
Beginnen wir mit der politische Szene.
Bis zur Einführung der Gendersprache in den Rathäusern waren kaum relevante Reaktionen aus dem politischen Umfeld zu erkennen, politisches Handeln war nicht gefragt.
Und die Medien?
Zunächst war die Gendersprache willkommener Stoff für die Feuilletonisten. Sie amüsierten sich genüsslich über die grammatikalischen Verrenkungen dieser Kunstsprache und ihrer Protagonisten. Sogar die taz, die ihren ablehnenden (!) Kommentar mit: „Echt, der letzte Müll“ titelte. Mit Beginn der kommunalen Kampagne in den Rathäusern gewann das Thema Gender allmählich an Aufmerksamkeit. Die strategische Einordnung beispielsweise der Gendersprache in den größeren Zusammenhang des Gender Mainstreamings, wurde allerdings kaum thematisiert
Und die Wissenschaft?
Wo waren die Linguisten, die Germanisten oder die Pädagogen? Es gab nur wenige linguistische Beiträge in den Printmedien. Ihre engagierte sprachanalytische Kritik an der Gendersprache traf allerdings auf eine ideologisch geprägte Wand der Gender-Aktivisten, deren Lust am Diskurs kaum erkennbar war.
Und die Sprachpfleger?
Die Deutsche Sprachwelt heftete im Lutherjahr “Thesen“ gegen die Gendersprache an die Kirchentür der Schlosskirche zu Wittenberg, ein öffentlichkeitswirksames Event par exellence. Ansonsten legten die meisten relevanten Vereine in ihrer Kritik größeren Wert auf grammatikalische Korrektheit, als auf die Kritik der politischen Korrektheit der Genderristen. Ist es vielleicht eine innewohnende Abneigung der Sprachverbände gegen Sprachpolitik?
Insgesamt gesehen, haben es die öffentlichen Institutionen der Genderlobby bisher relativ leicht gemacht, ihre Art von Sprache von oben zu „verordnen“. Gendersprech wurde zu einer Pflichtübung für alle Beteiligten. Man hätte aber auch mit einer genussvollen Kür dagegen halten können, beispielsweise: Das geforderte „Mitbenennen“ der Frau mutierte schließlich zu einer Ode an die Vielfalt der Geschlechter.
Und die Bürger?
„Der“ Bürger nimmt die Gendersprache zunächst nur passiv in öffentlichen Sprachräumen wahr, sei es beim Hören von politischen Reden, von TV-Sendungen oder Lesen der Printmedien. Seine Reaktion reicht von Überhören, Überlesen bis hin zum bräsigem “Was soll das denn?“
Öffentliche und private Sprachräume
Die Gesellschaft nimmt den schrittweisen Einzuges der Gendersprache in die Rathäuser kaum zur Kenntnis, auch aus Unkenntnis. Man sieht oder hört nur das Gendersprech, kann es aber nicht in seiner Tragweite einordnen. Das ist gewollt. Die Hintergründe, wie beispielsweise das Gender Mainstreaming oder die Politische Korrektheit würden den Bürger nur verwirren, ja, sogar betroffen machen.
Anders sieht es aus, wenn man sich gezwungen sieht, in der Öffentlichkeit sich aktiv sprachlich korrekt und achtsam zu äußern. Es erfordert einen etwas ungewohnten Prozess, auch die „Gendersekunde“ genannt: Nachdenken (wo bin ich?), Entscheiden (muss ich Gendern?) und dann endlich (kontrolliert) Sprechen. Gewohntes, freies Sprechen kann sich zu einem Desaster entwickeln:
Trotz achtsamen Sprechens, trotz der Gendersekunde, kann man sich nicht sicher sein, dass selbsternannte Sprachwächter verborgen den diskriminierungsfreien Sprachgebrauch überwachen. So galt In Diktaturen der Spruch: „Achtung, Feind hört mit“. Übersieht man als Sprecher diskriminierende Äußerungen, kann sich das auf die kollegiale Akzeptanz durch die jeweiligen Gruppe auswirken. Auf diese Weise werden die Sprechmöglichkeiten des Bürgers eingeschränkt und damit auch seine Freiheit des Denkens.
So berichten denn die Printmedien brav über das Ergebnis einer jüngsten Allensbacher Umfrage, dass zwei Drittel der Bürger überzeugt sind, man müsse heute aufpassen, zu welchen Themen man sich wie äußert. Und das am Jahrestag des Grundgesetzes. Bedenklich stimmt nicht nur die große Zahl, sondern die schlichte Kenntnisnahme durch die Politszene.
Besonders In der Schriftsprache feiert die Gendersprache inzwischen fröhliche Urständ, was für eine Fundgrube für die Satire! Birgit Kelle schoss den Vogel ab: Ihr Buchtitel “Gender Gaga” fand sogar den Weg in die Umgangssprache.
Einen genderfreien Raum gibt es noch: die Belletristik. Glücklicherweise sind noch keine Bestseller in Gendersprache bekannt geworden, und auch noch keine nachträglich gegenderten Klassiker. Das gilt aber seltsamerweise nicht für Kinderbücher, dort erfahren die Kinder immer mehr so manch semantische Konnotationen über starke und freche Mädchen, sowie schwache, weinend sensible Jungen. Diese sprachlichen Zuordnungen sollen helfen, die sogenannte „Heteronormalität“ Papa und Mutti zu hinterfragen – und das schon in den KiTas.
Ein wenig entspannter geht das Hören und Sprechen im privaten Bereich zu. In manchen Vereinen mag es die „Mitgliederinnen“ geben, oder ein Naserümpfen beim Nichterwähnen der Frauen, aber damit ist dann auch genüge getan.
Dem Bürger eine Stimme geben
Umfragen der letzten Zeit bestätigen, eine von YouGo (2017) und eine andere von INSA (2019): etwa 60 bis 70% der Befragten lehnen die Gendersprache ab. Da genau setzt eine Initiative an, die versucht, empörte Bürger abzuholen: Die Initiative Verweigerung der Gendersprache (IVG), richtete sich mit einem Aufruf an die deutschsprechende Bevölkerung und fordert darin ausdrücklich zur Verweigerung der Gendersprache auf. Der Aufruf,(1) eine Eigeninitiative einiger unabhängiger Akteure, gab den Bürgern eine Stimme, und sie antworteten: nach kurzer Zeit hatten über 20.000 Bürger (ohne klassische Pressearbeit) bereits den Aufruf unterschrieben. Eine unerwartet hohe Zahl für den kurzen Zeitraum. Der Aufruf hatte auch Folgen:
Zunächst trat ein weiterer Aufruf vom Verein Deutscher Sprache auf den Plan. Er wendete sich mit einer Art Appell „Gegen den Gender Unfug“ insbesondere an politische Entscheidungsträger.
Eine weitere Folge war: das Thema „Gendern“ wurde auf breiter Basis in den Print Medien, in Radio-Sendungen und TV Features behandelt, das Thema ist medial angekommen.
Die Abneigung der Bürger gegenüber der Gendersprache kann jetzt auch mit Zahlen, von der Basis her kommend, belegt werden: die beiden Aufrufe haben inzwischen die 100 000 Marke der Unterschriften überschritten. Ein wahrhaft beeindruckendes Zeugnis empörter Bürger. Nicht nur das: die über 100 000 Unterschriften überraschten selbst Experten. Es lässt nach Meinung Vieler auf ein hohes, kollektives Empörungspotential schließen.
Aus Unwissenden werden Betroffene
Der hohe Zahl der Unterschriften bestätigt eine unterschwellige Betroffenheit, die in dieser Stärke schon mal zu Tage trat: vor einigen Jahren erreichten fast 200 000 Unterschriften gegen eine Regierungsmaßnahme (Bildungsplan) in Baden-Württemberg eine Politikänderung. Damals gelangte man zu einer bedeutsamen Erkenntnis: durch die Kampagne wurden aus ehemals unwissenden Eltern betroffene Eltern.
„Betroffenheit“ ist das Agens, die Triebkraft, die Taten folgen lässt. Die Empörung der Bürger über die Gendersprache zeigt deutlich: lasst uns zufrieden mit den Problemen einer Minderheit! Diese Kunstsprache ist das Produkt in der Tat einer Minderheit, die mit Steuergeldern des Bürgers finanziert, dabei ist, den Bürger top down mit einer ideologisierten Sprach- und Denkwelt umzuerziehen.
Kann es sein, dass wir es mit dem Potential einer kollektiven Verweigerung zu tun haben ? Diese gälte es zu nutzen. Der Bürger mit der Faust in der Tasche braucht Freiräume für eine Bewegung, wie beispielsweise mit einer Aktion „FreiSprech“. Sie könnte unser Sprechen und Denken gegen politisch korrekte Zwänge immun machen. Die Poetry Slam-Gruppen haben damit schon mal angefangen. Mit ihrer urwüchsigen Freude am Reimen und Fabulieren preisen die Jugendlichen auf ihren vielen, bundesweiten Veranstaltungen die Schönheit der Sprache, und das mit großer Lust so, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist.