Zum 1. Antifeministentreffen in der Schweiz: eine Antwort

Männer.ch distanziert sich vom Antifeministentreffen.
Das war Grund genug für Bernhard Lassahn, den Präsidenten von Männer.ch anzuschreiben.

„There is a war between the rich and poor, a war between the man and the woman.
There is a war between the ones who say there is a war and between the ones who say that there isn’t.“ (Leonard Cohen)

Sehr geehrte Markus Theunert!

In Ihrer Erklärung für den ‚Dachverband der Schweizer Männer- und Väterorganisationen – männer.ch’ zum ‚1. internationalen Antifeminismus-Treffen’ klingt manches so, wie es agens nicht schöner sagen könnte: „echter Geschlechterdialog“, „ebenbürtige Einbeziehung der Männer“. Auch agens betont das „MITeinander“ und hat deshalb selbstverständlich Frauen in den eigenen Reihen.

Es klingt gut, was Sie schreiben: „männer.ch steht für den Geschlechterdialog auf Augenhöhe ein. Polarisierungen und Schuldzuweisungen erachten wir als nicht hilfreich – weder von Seite der Männer noch von Seite der Frauen.“

Allerdings juckt es mich doch, einmal einen Schweizer zu fragen: Und wer hat’s erfunden? Wer hat sie in die Welt getragen, diese leidige „Polarisierung“ und die „einseitige Schuldzuweisung“? Der Feminismus. Der hat die Gemeinsamkeit aufgekündigt, ist ausgestiegen aus dem kulturellen Konsens, hat uns eine hässliche Sprache aufgenötigt, hat die Gleichberechtigung durch Gleichstellung ersetzt, die Augenhöhe durch die Quote. Der Feminismus ist per Definition nicht „am Wohl aller“, um das es Ihnen geht, interessiert, sondern am eigenen Wohl. Und der Feminismus verweigert den Diskurs.

Deshalb richtet sich auch das Treffen in Zürich nicht etwa gegen „Frauen“, sondern gegen den „Feminismus“. Die können sich nicht mehr länger in Klammern verstecken, wie noch bei Ihnen, wenn Sie schreiben: „männer.ch distanziert sich vom ‚Antifeminismus-Treffen’ und verwehrt sich gegen einen Geschlechterkampf, welcher einseitig den (feministischen) Frauen die Schuld an den geschlechterpolitischen Verwerfungen zuschiebt.“

Die Klammern sind mir sofort aufgefallen. Diese Formulierung mit der nicht richtig wahrgenommenen Trennung von „Frauen“ einerseits und „Feministen“ andererseits bietet den Feministen Deckung hinter den geliebten Frauen wie hinter lebenden Schutzschildern. Gerade deshalb konnte er solchen Schaden anrichten und den guten Namen ruinieren, weil er sich erfolgreich hinter den Frauen im Allgemeinen verkriechen konnte. Denn welcher Mann will schon „den Frauen“ einseitig die Schuld zuweisen?! Mir ist niemand bekannt. Wenn Sie einen kennen, reden Sie doch mal mit ihm. Man kann ihn bestimmt leicht umstimmen. Männer lieben Frauen, zumindest eine, die Mutter – in den allermeisten Fällen kommen noch welche dazu, die auf verschiedene Arten und Weisen geschätzt, verehrt und innig geliebt werden. Unsere Kultur ist voll von Zeugnissen, die das belegen.

Es ist stets die Liebe, die den Unterschied macht. Und es ist – leider – die besondere Lieblosigkeit des Feminismus, die keinen macht. Der Ismus verallgemeinert und pauschalisiert, so dass es schon gar nicht mehr auffällt. Die fundamentalistische Betrachtung der Welt unter dem Fokus „Männer vs. Frauen“ ist der Geburtsfehler, der sich – wie ich fürchte – nicht mehr kurieren lässt. Unter dem Schutzschirm der Verallgemeinerung „Feministen = Frauen“ hat der Feminismus keinerlei kritische Würdigung erfahren und ist gedemütigt worden – dadurch, dass man ihn nicht richtig ernst genommen hat. Selber schuld. Die feministischen Wortmeldungen haben sich oft genug freiwillig im Abseits aufgestellt und einen betont unsachlichen Ton gepflegt, und vorschnell kamen sie mit dem Overkill-Argument „frauenfeindlich“, das mehr über denjenigen aussagt, der das Wort benutzt, als über den, der damit bezeichnet wird. So konnten sich aus der Deckung heraus misandrische, undemokratische und einfach nur strunzdumme Elemente immer stärker durchsetzen. Der Feminismus hat sich allmählich von einer geduldeten Kuriosität zu einer Art Junta entwickelt, die uns über den Umweg über Brüssel mit Vorschriften das Leben erschwert und für die anstehenden politischen Fragen unbrauchbare Konzepte durchpowern will, so dass inzwischen immer mehr Frauen auf Distanz gehen und betonen, dass die umgekehrte Gleichung „Frauen = Feministen“ nicht stimmt.

Nun kommt es ans Tageslicht: Auch die Formel „Feministen = Frauen“, die auf den ersten Blick richtig wirkte, war von Anfang an falsch.  Eine echte Gleichung kann man von vorne und hinten lesen.
Schon sind wir bei der Gleichheit und der Frage der Benachteiligung, zu der Sie schreiben: „Diese (gemeint sind Benachteiligungen der Frauen) gibt es zwar nach wie vor (z.B. Lohnungleichheit), genau so wie es auch Benachteiligungen von Männern gibt (z.B. Dienstpflicht). Die Benachteiligungen von Männern und Frauen gegeneinander aufzuwiegen ist jedoch in keinem Fall zielführend.“
Stimmt. Das führt nirgendwo hin. In dem Fall, den Sie beispielhaft anführen, erst recht nicht. Einen ungedeckten Scheck kann man nicht mit einem gedeckten aufwiegen. Die „Lohnungleichheit“, die von Frauenseite so gerne als Benachteiligung aufgeführt wird, ist jedoch so ein ungedeckter Scheck. Wenn Sie eine Frau kennen, die benachteiligt ist, weil sie für die gleiche Arbeit weniger verdient als ein Mann, seien Sie großzügig und zahlen Sie ihr die Differenz. Machen Sie den Test, bieten Sie den Ausgleich an. Sie werden sehen: So viele sind es nicht.
Doch es stimmt: Das Aufwiegen bringt nichts. Es führt zu einer lähmenden Passivität, zu einem Patt, entsprechend einem Gedankengang, der in etwa so geht: Solange Ungleichheiten für Frauen bestehen (und es werden immer neue erfunden), wird alles, was von Männerseite kommt, in einem faulen Unentschieden aufgewogen – einem Unentschieden aufgrund von Schiedsrichterfehlentscheidung oder besser gesagt: Schiedsrichtervorentscheidung. Dieser Schiedsrichter hat vorab entschieden, dass Frauen gegen Männer antreten und die Frauen dabei immer in der Opferrolle der Verlierer sind – und das sind sie auch, solange sie die Männer als ihre Gegner ansehen, denen sie sich unterlegen fühlen, und nicht verstehen, dass es auf das Miteinander ankommt.

Auf so ein Spiel sollte man sich nicht einlassen. Das ist eine Sackgasse. Sie sprechen auch von einer, aber einer anderen: „Der Ansatz des Antifeminismus stellt zwar legitime Fragen, führt mit seinen Antworten aber in eine Sackgasse“.  Aber, bitte: Das kann man doch nicht wissen. Die Antworten sind noch gar nicht da, und die Fragen selber sehen Sie als legitim an. Vielleicht bringt ein Aufbrechen des Schutzschildes der Verallgemeinerung sogar einen Weg aus der Sackgasse, in der sich der Diskurs momentan befindet.

Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht krumm, wenn ich womöglich einen falschen Ton getroffen habe, ich möchte deutlich machen, dass ich Ihrem Anliegen aufrichtig positiv gegenüber stehe. Gerade deshalb erlaube ich mir so ein lockeres Schreiben – fast so wie unter Freunden. Ich muss auch gestehen, dass ich unmerklich gezuckt habe, als ich erstmals von dem Ansinnen eines „antifeministischen“ Treffens gehört habe, und dass ich immer noch nicht weiß, ob ich selber kommen werde. Mein erster Gedanke war … nein, es war kein Gedanke, eher ein Gefühl: Oh weh! Das ist ein Tabu.

Dann habe ich mich an Claire Goll erinnert, die zu meinen Lieblingsautoren gehört (vielleicht haben Sie bemerkt, dass ich nicht „Autorinnen“ geschrieben habe). Ihr Titel ‚Ich verzeihe keinem’ klingt bitter, womöglich war der Titel so nicht autorisiert. Wie auch immer: Ich empfehle das Buch, das einen guten kulturgeschichtlichen Überblick gibt und so viele Künstler in persona auftreten lässt wie sonst kaum in einem Buch (denen gegenüber zeigt sie oft genug Dankbarkeit und Respekt und keineswegs eine Haltung, von der man sagen kann, dass sie keinem verzeiht). Ziemlich zu Anfang schreibt sie: „Ich bin eine Antifeministin, falls es so etwas gibt.“
Aha. Mit den Positionen des Feminismus stimmte sie damals schon nicht überein – aber konnte es so etwas wie „Antifeminismus“ überhaupt geben? Immerhin fragte sie sich das. Auf die Antwort bin ich immer noch gespannt. Sie nicht?

Mit besonders freundlichen Grüßen

Bernhard Lassahn